VDA fordert engere Zusammenarbeit Europas mit China – Kontroversen bleiben

Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, appelliert an Deutschland und Europa, ihre Beziehungen zu China zu vertiefen – trotz bestehender Herausforderungen und politischen Differenzen.

heute 11:14 Uhr | 23 mal gelesen

Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren: Kaum packt Außenminister Johann Wadephul (CDU) seine Koffer für eine Reise nach China, schon sickern die Stimmen der deutschen Wirtschaft durch, die ein Mehr an Dialog und Kooperation einfordern. Hildegard Müller – derzeit das Gesicht des VDA – nimmt die Gelegenheit prompt wahr. Im Gespräch mit der 'Rheinischen Post' betont sie, wie unerlässlich persönliche Kontakte und offene Gespräche mit der Volksrepublik gerade jetzt seien, nicht nur wegen akuter Probleme wie mit seltenen Erden oder der Chip-Knappheit durch die Nexperia-Thematik. Die Liste an Herausforderungen ist lang, aber Müller sieht auch enormes Potenzial, sofern die Beziehungen konstruktiv bleiben und – da klingt fast eine Mahnung durch – endlich wieder mehr Gerechtigkeit auf dem Spielfeld herrscht. "Das Level-Playing-Field gerät aus der Balance", warnt sie, als wäre die Automobilbranche gerade die Lieblingsfigur auf dem geopolitischen Schachbrett. Politisch zieht die Sache weitere Kreise. Die Grünen, sehr bemüht, dass nicht Kompromisse um jeden Preis gemacht werden, mahnen Minister Wadephul, sich nicht von schnellem Profit blenden zu lassen. Deborah Düring forderte klipp und klar, aus den Fehlern bezüglich Russlands zu lernen, und nicht erneut vermeidbare Abhängigkeiten einzugehen. Sie insistiert außerdem auf eine deutliche Ansprache der Menschenrechtsprobleme in China – entschlossen und nicht mit watteweichen Formulierungen. Auch die SPD steht bereit, den kritischen Ton vorzuhalten. Adis Ahmetovic aus ihrer Fraktion plädiert für einen "robusten Dialog auf Augenhöhe". Man müsse kooperieren, aber eigenständig bleiben und auf keinen Fall das Steuer abgeben. Die Angst, dass seltene Erden und Co. zum politischen Druckmittel werden, klingt unverkennbar durch. Wadephul selbst? Die Reise, die eigentlich schon im Oktober hätte stattfinden sollen, wurde damals vertagt, wohl weil das chinesische Besuchsprogramm arg dürftig abgespeckt war. Dieses Mal wird es spannend, ob die richtigen Themen auf den Tisch kommen – und wie viel Offenheit auf beiden Seiten wirklich gewünscht ist.

Der VDA fordert nachdrücklich eine intensivere Zusammenarbeit mit China, gerade vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen wie Ressourcenknappheit und Lieferkettenproblemen. Die politische Debatte in Deutschland kreist dabei um den Spagat zwischen wirtschaftlicher Kooperation und der Wahrung von Prinzipien wie Menschenrechten sowie dem Schutz vor strategischen Abhängigkeiten. Interessanterweise wird die Diskussion aktuell zusätzlich vom Eintreten Pekings gegen EU-Zölle auf Elektroautos befeuert, was die Spannungen weiter verschärft: Laut Süddeutscher Zeitung will China notfalls die Welthandelsorganisation einschalten, sollte die EU neue Import-Barrieren durchsetzen; dies ist Teil eines umfassenderen Streits um wirtschaftliche Fairness und Industriepolitik, von dem auch deutsche Hersteller stark betroffen sind. Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck suchen indes nach neuen Wegen, die deutschen Interessen zu wahren, ohne weitere Eskalationen heraufzubeschwören – etwa durch Diversifizierung von Lieferketten und Investitionen in alternative Rohstoffquellen, wie das Handelsblatt berichtet. Die behutsame Neuausrichtung der europäischen Strategie gegenüber China ist damit noch lange nicht abgeschlossen, und der innerdeutsche Meinungsstreit zeigt, wie schwierig die Balance zwischen wirtschaftlicher Realpolitik und wertegeleitetem Handeln nach wie vor bleibt.

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