Abschied von Jürgen Thebrath: WDR verliert eine prägende Persönlichkeit

Köln – Jürgen Thebrath, langjähriger WDR-Journalist, ist im Alter von 78 Jahren am 10. November verstorben. Über drei Jahrzehnte prägte er mit Weitsicht, kritischem Blick und journalistischer Unbestechlichkeit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – unter anderem als Leiter der Auslandsstudios in New York und Brüssel und zuletzt als stellvertretender Chefredakteur Fernsehen.

heute 13:06 Uhr | 16 mal gelesen

Der plötzliche Tod von Jürgen Thebrath hat eine Lücke beim WDR hinterlassen und viele Kolleg:innen ins Nachdenken gestürzt. Jahrzehntelang stand er inkognito in der ersten Reihe, immer ein Ohr für den richtigen Ton, immer ein waches Auge für die Machtstrukturen – selbst wenn seine Arbeit am Ende nicht ins Rampenlicht führte. Schönenborn, der WDR-Programmdirektor, erinnert daran, wie Thebrath stets darauf beharrte, dass der Journalismus mächtigen Stimmen kein Gehör schenken sollte, wenn sie der Wahrheit im Weg stehen. Thebrath, aufgewachsen im Ruhrgebiet – diese Prägung merkte man ihm nie an, es sei denn, er scherzte über Kohle und Kumpel. Seine Karriere begann beim WDR Ende der 70er. Und was danach kam, liest sich fast wie eine wechselhafte Chronik moderner Zeitgeschichte: Von Monitor-Redaktionsrunden, die wirklich Zündstoff lieferten, hin zu Reportagen aus Warschau, Ost-Berlin und Moskau kurz vor dem Mauerfall, immer zwischen Umbruch, Unsicherheiten und neuer Hoffnung. Später leitete Thebrath das ARD-Studio in Ostberlin, wurde Chef in New York, dann in Brüssel, 2001 schließlich programmverantwortlich in Köln. Erwähnenswert ist auch seine preisgekrönte Arbeit: Der „Monitor“-Bericht über Wurmlarven im Fisch (eine seiner legendärsten Enthüllungen), aber auch seine Dokumentationen und Features über Größen wie Schily oder das Olympia-Attentat. Nach seiner Pensionierung 2011 blieb er nicht still sitzen, sondern teilte sein Wissen weiter, wo er nur konnte. Sein Lebensmotto, dieser Satz, der hängen bleibt: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“.

Jürgen Thebrath, geboren 1945 in Essen, gehörte über drei Jahrzehnte zu den prägenden Gesichtern des WDR. Bereits früh zeigte sich sein unermüdlicher Wille, investigativen Journalismus nie als Selbstzweck, sondern stets als Dienst an der Öffentlichkeit zu begreifen – seine Stationen als Auslandskorrespondent während der Wendejahre in Mittel- und Osteuropa sind ein Beleg. Besonders bemerkenswert bleibt der „Wurmlarven-Skandal“, der 1987 Aufsehen erregte, aber auch Thebraths Fähigkeit, selbst nach seiner Pensionierung noch Debatten zu prägen, sei es in Hörsälen, auf Podien oder in Interviews. In jüngeren Berichten wird deutlich, wie sehr seine Haltung in Zeiten wachsender Medienkritik und Desinformation fehlt: Kollegen schätzen ihn als jemanden, der weder Skandalisierung noch Oberflächlichkeit duldete, auch wenn der Zeitgeist gelegentlich in eine andere Richtung zerrte. Über Mediengrenzen hinweg wird sein Tod als Verlust für unabhängigen, kritischen Journalismus gewertet. Und fast beiläufig: Dass Thebrath auch mentorhaften Einfluss auf jüngere Generationen hatte, wird erst jetzt vielen richtig klar (Quellen: tagesschau.de, deutschlandfunk.de und mehrere Nachrufe in aktuellen Regionalzeitungen).

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