Deutsche Unternehmen pochen auf Überarbeitung der DSGVO – Mehrheit fordert Anpassungen

Die Anforderungen der DSGVO sind vielen deutschen Firmen ein Dorn im Auge – die Rufe nach einer Reform werden lauter.

vor 50 Minuten | 16 mal gelesen

Stellen Sie sich vor: Ein gewöhnlicher Werktag in einem mittelständischen Betrieb, irgendwo zwischen Aktenbergen und endlosen Tabellen. Plötzlich steht Datenschutz auf der Agenda. Laut einer aktuellen Befragung durch den Branchenverband Bitkom, veröffentlicht am Mittwoch, plädiert ein Großteil der deutschen Unternehmen für eine Überarbeitung der Datenschutz-Grundverordnung. Genauer: 79 Prozent wünschen sich, dass die Politik sich in Brüssel für eine Reform stark macht, davon wollen 71 Prozent am liebsten eine Lockerung sehen. Interessant – der Aufwand, den die Datenschutzauflagen verursachen, scheint dabei zu wachsen wie Unkraut im Sommer: 97 Prozent sprechen von einem (zu) hohen Arbeitsaufkommen, rund zwei Drittel berichten sogar von einer weiteren Steigerung im letzten Jahr. Fast schon ironisch: Während 72 Prozent meinen, deutsche Datenschutzregelungen schießen über’s Ziel hinaus, sind es sogar 77 Prozent, die im Datenschutz den Haupthemmklotz für Digitalisierung hierzulande sehen. Die größten Stolpersteine? Dass man irgendwie nie ‚fertig‘ ist (86 Prozent fühlen so), Unklarheiten bei der Auslegung (82 Prozent) und ständiges Nachjustieren beim Einsatz neuer Digitalwerkzeuge (77 Prozent). Doch die Probleme bleiben nicht an der Landesgrenze kleben. Da ist oft die Rede davon, dass die Anforderungen europaweit unterschiedlich interpretiert werden. Viele MitarbeiterInnen müssen sich immer wieder in komplexe IT-Umstellungen einfuchsen (50 Prozent), während andere schlicht beklagen, dass ausgerechnet bei so einem schwierigen Thema qualifizierte Fachleute fehlen (38 Prozent). Überraschend: Die mangelnde interne Unterstützung rangiert weit hinten (12 Prozent). Wofür genau wünschen sich Firmen eine Änderung? Vor allem weniger Bürokratismus bei der Dokumentationspflicht (76 Prozent) und eine Abschaffung des sogenannten Erlaubnisvorbehalts (73 Prozent). Auf Platz drei: mehr Möglichkeiten für pseudonymisierte Daten, praxisnahe Beratung und weniger Informationspflichten. Mehr als die Hälfte wünscht sich Rechtssicherheit, geringeren Prüfaufwand und Lockerungen bei Einwilligungen für Datenverarbeitung. Bei der Frage nach Datenschutzverstößen bekennen sich immerhin ein Viertel der Unternehmen zu Vorfällen in den letzten zwölf Monaten – organisatorischer Aufwand ist dabei meist die größte Sorge, seltener Bußgeld oder Kundenverlust. Im Umgang mit den Datenschutzbehörden fühlt sich ein Großteil von deren Strenge überrollt; immerhin 53 Prozent plädieren daher dafür, die Datenschutzkontrollinstanzen auf Bundesebene zusammenzufassen. Kleine Randnotiz: Die Umfrage basiert auf den Antworten von 603 Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten – telefonische Befragung, aufgenommen zwischen Ende Juli und Anfang September 2025. Ehrlich gesagt, ein Befund, der wohl niemanden so richtig überraschen dürfte, zumindest nicht diejenigen, die schon mal im deutschen Mittelstand an einem Aktenvernichter standen.

Die Diskussion um die DSGVO wird immer hitziger, besonders in der Wirtschaft. In den letzten Jahren haben Unternehmen in Deutschland einen spürbaren Anstieg beim organisatorischen Aufwand für Datenschutzangelegenheiten verzeichnet. Viele kritisieren die Komplexität und Bürokratie der aktuellen Regelungen, wobei ein erheblicher Teil der befragten Firmen sogar meint, man müsse Datenschutz und Digitalisierung viel enger miteinander verzahnen, um Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft in Deutschland nicht weiter auszubremsen. Interessanterweise zeigen aktuelle Recherchen, dass der Druck aus der Wirtschaft auf die Politik deutlich steigt: So berichtete die "FAZ" über die Forderung mehrerer Wirtschaftsverbände nach einer Vereinfachung und Angleichung der Datenschutzregelungen innerhalb der EU, um den Flickenteppich bei der Umsetzung zu beenden. Der "Spiegel" hob zudem hervor, dass viele Unternehmen Datenschutz als Standortnachteil wahrnehmen und konkrete Entbürokratisierungs-Maßnahmen fordern. Gleichzeitig wird jedoch auch in Fachkreisen darauf verwiesen, dass ein Abbau von Datenschutzregeln Risiken für Persönlichkeitsrechte birgt und mit gesellschaftlichem Widerstand zu rechnen ist. Zuletzt zeigte sich in juristischen Kommentaren, dass die geplante EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz erneut komplexe Wechselwirkungen mit bestehenden Datenschutzvorgaben schaffen könnte – ein weiterer Aspekt, den Unternehmen und Politik gleichermaßen im Blick behalten müssen.

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