Dienstpflicht 2.0: Warum eine neue Verantwortungskultur in Deutschland fehlt

Frankfurt/Main – Von Denis Pfeifer, Ex-Fallschirmjäger und Gründer von NXTGEN Athlete, über das, was wir unter Pflicht und Stärke aus den Augen verloren haben.

heute 15:11 Uhr | 17 mal gelesen

Die hitzige Debatte um eine mögliche Rückkehr der Wehrpflicht in Deutschland dreht sich oft um Nebenschauplätze: politische Grundsatzfragen, vorgebliche Gleichheit oder die Reform des freiwilligen Engagements. Seltsam still bleibt es beim Kern der Sache: unserer Unlust, Verantwortung zu akzeptieren. Begriffe wie 'Dienen' wirken altmodisch, 'Pflicht' ruft Widerwillen hervor – dabei waren sie einst Pfeiler einer Gesellschaft, in der Verantwortung als erstrebenswert galt. Ich spreche aus Erfahrung: Acht Jahre in einer militärischen Einheit haben meinen Blick sehr verändert. Grenzen wurden verschoben, eigene Eitelkeiten waren Nebensache, es zählte nur das Miteinander und das Durchhalten für andere. Diese Prägung fehlt heute oft. Junge Menschen wirken selten schwach, dafür ratlos. Leistung wird misstraut betrachtet, Belastbarkeit manchmal sogar fast als Krankheit behandelt. Das Narrativ der permanenten Selbstverwirklichung suggeriert ihnen, dass alles immer um sie selbst kreist – die Kraft, für andere zu kämpfen, bleibt dabei auf der Strecke. Ich behaupte: Wer nie geschwitzt, gedient oder im Einsatz für etwas Größeres gestanden hat, dem fehlt etwas. Ein Auftrag für die Gemeinschaft stiftet Sinn, ganz gleich, ob bei der Pflege, im Zivilschutz oder beim Militär. Verantwortung ist kein Überbleibsel aus grauer Vorzeit – sie ist das Fundament für Freiheit. Ohne Pflichtgefühl bleibt alles unverbindlich. Bei NXTGEN Athlete bereiten wir Menschen physisch und mental auf anspruchsvolle Dienste vor, doch tatsächlich geht es um mehr: um Disziplin, um den Willen zur Selbstbestimmung und Verlässlichkeit. Viele kommen nicht zu uns, weil sie einfach fit sein wollen, sondern um das Gefühl für Richtung und Zugehörigkeit wiederzuentdecken. Deshalb serviere ich kein Plädoyer für alte Muster, sondern für einen frischen Blick: Deutschland braucht keine sture Wehrpflicht, sondern eine neue Kultur des Dienstes – engagiert, zugewandt, geprägt von Charakter.

Der Text beschreibt, wie das gesellschaftliche Verständnis von Dienst und Verantwortung in Deutschland schwächelt und schlägt vor, eine neuartige Dienstkultur zu etablieren, die über alte Wehrpflichtmodelle hinausgeht. Im aktuellen Diskurs zur Wehrpflicht empfanden viele Menschen staatlich verordnete Dienste als Zumutung, statt als aktiven Beitrag zu Freiheit und Zusammenhalt zu begreifen. Die Bundeswehr und die Bundesregierung diskutieren momentan verschiedene Modelle, von einem gesellschaftlichen Pflichtjahr bis zur besseren Förderung freiwilliger Engagements – laut Tagesschau stehen dabei auch Überlegungen im Raum, die Pflichtdienste attraktiver zu machen, etwa durch mehr soziale Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen. Parallel wächst das Interesse der Bundeswehr an digitalen Fähigkeiten (z. B. Cyberabwehr), sodass eine Dienstkultur heute weit mehr als militärische Disziplin umfasst und auch zivilgesellschaftliche Kompetenzen in den Mittelpunkt rücken könnten. Eine aktuelle Debatte fokussiert sich zudem auf die Frage, wie man Pflicht- und Freiwilligendienste für alle Geschlechter und soziale Gruppen gerechter gestalten kann, was die Komplexität des Themas zusätzlich steigert. Eines wird dabei immer klarer: Ein stabiles Gemeinschaftsgefühl entsteht nicht von selbst – es verlangt Engagement, Disziplin und das Offenhalten gesellschaftlicher Debattenräume.

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