Düsseldorfer Tabelle 2026: Die Gefahr der sozialen Verdrehung – ISUV mahnt Reformen an

Nürnberg – Stillstand bei der Düsseldorfer Tabelle: Kaum Anpassungen, große Probleme – und eine wachsende Lücke zur Realität von Unterhaltspflichtigen.

heute 19:10 Uhr | 3 mal gelesen

Wer die neue Düsseldorfer Tabelle für 2026 liest, fühlt sich fast an einen Loop aus Vorjahren erinnert: Ein kleines Stückchen mehr Mindestunterhalt – aber an den eigentlichen Knackpunkten wird nicht gerüttelt. Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) sieht sich mit seiner Kritik erneut bestätigt und warnt, dass die pauschalen Vorgaben zu Wohnkosten sowie die unveränderten Selbstbehalte für viele Unterhaltspflichtige zum echten Armutsrisiko werden. Das Grundproblem? Die Tabelle bleibt, was sie seit Jahren ist: Ein nationales Raster, das versucht, Wohnkosten – durchaus ein zentrales Thema mittlerweile! – stur mit 520 Euro Warmmiete überall über einen Kamm zu scheren. Und das in einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten und insbesondere die Mieten in Metropolen wie München oder Hamburg geradezu explodieren. Melanie Ulbrich vom ISUV bringt es auf den Punkt: Wer in teuren Großstädten lebt, hat mit den realen Mieten eigentlich keine Chance mehr, eine Wohnung zu finden, die überhaupt noch für den regelmäßigen Umgang mit Kindern ausreicht – geschweige denn altersgerecht oder angenehm. Der Verband drängt längst darauf, endlich regionale Wohnkostenfaktoren einzuführen, wie es etwa auch beim Wohngeld selbstverständlich ist. Ex-Justizminister Buschmann hatte diesen Schritt zumindest als Ziel benannt, passiert ist faktisch bisher: nichts. Das Resultat ist erschütternd: Wer zwei Kinder hat und etwa 3.000 Euro brutto verdient, landet in Städten mit hohen Mietpreisen realistisch bereits am Selbstbehalt oder sogar darunter – von Rücklagen oder Urlaubsplänen ganz zu schweigen. Die Folge: Immer mehr – und keineswegs selten gut qualifizierte – Unterhaltspflichtige müssen sich als sogenannte Aufstocker beim Bürgergeld melden. Ein wahrlich bitterer Befund, vor allem wenn die gesellschaftliche Debatte über das Bürgergeld ohnehin in vollem Gange ist. Immerhin: Es gibt kleinere Verbesserungen beim Selbstbehalt für Eltern- und Enkelunterhalt, die ISUV ausdrücklich begrüßt. Auch, weil sie zumindest einen Teil der nachrückenden Generationen schützen. Insgesamt aber bleibt das Bild schief: Ohne eine durchgreifende, dem Jahr 2026 angemessene Reform von Unterhalts- und Umgangsrecht, befürchtet der Verband einen sich zuspitzenden sozialen Sprengstoff. Die jährlichen Mini-Anpassungen werden den Alltag vieler Betroffener, so meine Einschätzung, kaum nennenswert entlasten. Ein persönlicher Gedanke hierzu: Wer selbst schon einmal das Jonglieren mit Unterhaltszahlungen, Miete und Nebenkosten erlebt hat, weiß, wie lahm und wenig lebensnah diese Art Tabellen wirken können. Und manchmal fühlt es sich tatsächlich so an, als wäre der Gesetzgeber noch nie mit leerem Portemonnaie und leerem Kühlschrank durchs Monatsende geschlichen.

Die Veröffentlichung der Düsseldorfer Tabelle 2026 zeigt erneut die strukturellen Defizite bei der Bemessung des Kindesunterhalts und der damit verbundenen Selbstbehalte. Der ISUV kritisiert, dass die zugrunde gelegten pauschalen Wohnkosten für Unterhaltspflichtige in vielen Regionen völlig an der Realität vorbeigehen und fordert eine Regionalisierung analog zum Wohngeld. Die aktuelle Rechtslage zwingt immer mehr Eltern dazu, trotz vermeintlich ausreichenden Einkommens staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen – eine Entwicklung, die auch von Medien wie der Süddeutschen Zeitung und Spiegel zuletzt aufgegriffen wurde. Aktuelle Recherchen zeigen, dass das Thema der wachsenden Armutsgefährdung für Unterhaltspflichtige auch im Kontext anderer familienpolitischer Diskussionen – etwa beim Bürgergeld oder der Reform des Umgangsrechts – diskutiert wird. Nach Überprüfung der deutschen Nachrichtenlandschaft der letzten zwei Tage ergibt sich ein Bild wachsender Unsicherheit für Betroffene: Es mehren sich die Stimmen, die eine grundlegende Reform und mehr Orientierung an regionaler Lebensrealität fordern. Einzelne Verbesserungen, etwa beim Selbstbehalt im Eltern- und Enkelunterhalt, werden von Experten als erster Schritt, aber bei Weitem nicht als ausreichend bewertet – und der Handlungsdruck auf die Politik nimmt zu.

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