Europa – Suchen, Staunen, Zweifeln: Blick zurück vom 17. Europäischen Mediengipfel

Seefeld – In der frischen Höhenluft Tirols wurde am Schlusstag des Europäischen Mediengipfels 2025 über die Seele Europas philosophiert, diskutiert und gestritten – zwischen Gegenwart und Mythos, Parlament und Kosmos.

heute 12:47 Uhr | 14 mal gelesen

Der Tag begann – beinahe schon traditionell – mit der Rede von Lukas Mandl, seines Zeichens Abgeordneter der ÖVP im EU-Parlament. Dann, plötzlich: ein Perspektivwechsel, ein Sprung ins All. Josef Aschbacher von der ESA warf das getriebene Europa ins globale Weltraumrennen, beschrieb Stolpersteine, Chancen und technologische Fragen, die mitunter im Schatten geopolitischer Rivalitäten stehen. Wie fragil Europas Platz dort ist, wurde zwischen den Zeilen deutlich. Politisch und emotional holte Sviatlana Tsikhanouskaya – Symbolfigur der belarussischen Opposition – die Diskutierenden mit nüchternen Worten auf den Boden zurück: Ihr Beitrag in der Pressestunde war eine Erinnerung daran, wie weit grundlegende Rechte von Medien, Meinungsfreiheit oder Demokratie außerhalb unserer Komfortzone entfernt sein können.

Später auf der Bühne: Da standen Michael Köhlmeier und Konrad Paul Liessmann. Mit der graziösen Härte mythologischer Erzählungen zerlegten sie den ausgetretenen Europa-Mythos: Königstochter und Stier, Gewalt als Ursprung. Liessmann provozierte: Europas Genesis sei kein ruhmreicher Startschuss, sondern ein vorsätzlicher Akt – „nicht für schwache Nerven“, wie Köhlmeier süffisant ergänzte. Im weiteren Gespräch raffte Liessmann Europas Selbstverständnis auf einen ketzerischen Satz zusammen: "Der Europäer? Meist Nachzügler, selten Pionier." Besonders nachdenklich: Sein Appell, den fanatischen Zug nach europäischer Identität lieber zu lassen – die Parallele zu Europas Brüdern, die vergeblich auf Reisen gehen, während andere eine Stadt gründen und so zumindest Zukunft ermöglichen.

Zwischen Selbstkritik und Weltneugier

Der Gipfel ging in diesem Jahr in Seefeld zu Ende und hinterließ, daran ließ Initiator Stefan Kröll keinen Zweifel, Spuren: "20 Debattenrunden, knapp 80 kluge Köpfe aus allen Lebensbereichen – ein echter Kompass für das aktuelle Europa." Meret Baumann von der Auslandspresse brachte es auf den Punkt: Wir glauben oft, in Europa alles zu wissen, doch sehen das große Bild außerhalb unseres Tellerrandes zu selten. Besondere Eindrücke lieferten "Live-Schaltungen" etwa aus der Ukraine, wie Sophia Kircher hinzufügte – das macht die Herausforderungen und Hintergründe greifbar, zwingt zum Perspektivwechsel.

Das gesamte Programm und die Videodokumentation warten hier: mediengipfel.at

Über den Europäischen Mediengipfel

Seit 2007 versammelt der Gipfel Expertinnen und Experten, um – mit einer Mischung aus offener Kritik und Diskussionslust – europäische Medienthemen samt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu sezieren.

Unter Aufsicht des Österr. Außenministeriums entstand ein Netzwerk: ProMedia Kommunikation (Initiator) und der Verband der Auslandspresse Wien, unterstützt von der Region Seefeld, Tirol, und Lebensraum Tirol Gruppe sowie Wirtschaft, Wissenschaft und Medienhäusern.

Kontakt für Presseanfragen: ProMedia Kommunikation GmbH, Nadine Rendl, MA, Tel.: +43 664 5208373, E-Mail: nadine.rendl@pro.media, Web: https://newsroom.pr/

Der Schlussakt des 17. Europäischen Mediengipfels drehte sich mutig um Mythen, Realpolitik und die Frage: Was ist Europa überhaupt? Besonders einprägsam blieb Konrad Paul Liessmanns Aufforderung, die Fixierung auf Europas Identität loszulassen und stattdessen aus der Suche heraus zu gestalten – vielleicht ist dieses Suchen ja selbst schon Teil der Antwort. Aktuelle Entwicklungen zeigen, wie relevant die Themen geblieben sind: Gerade in Zeiten von Europawahl-Nachwehen, neuen Allianzen und dem wachsenden Druck auf Medienfreiheit sehen Kommentatoren Europas Selbstfindung als unvollendete Baustelle (siehe z.B. taz.de und spiegel.de). Zusatz-Recherche: In den letzten zwei Tagen wurde insbesondere die Debatte um Medienfreiheit in Europa weiter diskutiert, etwa im Zusammenhang mit aktuellen Gesetzesplänen gegen Desinformation und der Rolle unabhängiger Presse. Auch das Thema europäische Identität rückte durch die unmittelbar bevorstehende Fußball-EM und die kulturellen Polaritäten erneut in den Mittelpunkt. Zudem werfen neue Anläufe für ein europäisches Raumfahrtprogramm Schlaglichter auf die strategische Position des Kontinents. Insgesamt bleibt Europa in der Selbstbefragung und im Dialog mit der Welt gefordert – und die Frage nach der eigenen Identität schimmert wohl noch länger im Hintergrund.

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