Alexej von Jawlensky, ein Name, der in der europäischen Kunstgeschichte eigentlich wie ein leiser Donnerschlag klingt – lebte und malte lange Jahre in Wiesbaden, bevor er 1941 dort starb. Im Schatten der großen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts setzte sich sein Sohn Andreas für das Erbe des berühmten Vaters ein, insbesondere nach seiner eigenen Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft. Doch die Familie ließ sich nach dem sowjetischen Einmarsch in Ungarn in der Schweiz nieder, wo sie in Locarno ein Zuhause und dem Archiv eine neue Heimat gab. Jahrzehnte wurde dort das inzwischen sehr umfassende Jawlensky-Archiv von Angelica Jawlensky Bianconi gepflegt und wissenschaftlich betreut – nicht selten im Stillen, abseits der großen Boulevards. Erst 2021, auf der viel beachteten Ausstellung „ALLES! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“, verkündete die Kunsthistorikerin feierlich, das Archiv zurück nach Wiesbaden bringen zu wollen. Ein symbolträchtiger Akt: als Auftakt übergab sie damals Jawlenskys Einbürgerungsurkunde, Zeugnis seiner Flucht vor den Nationalsozialisten. Im Herbst 2025, nach aufwendigen organisatorischen Vorbereitungen, erfolgte die tatsächliche Übersiedlung. 110 Kartons voller seltenem Material – darunter Briefe an Weggefährt*innen wie Kandinsky, persönliche Gegenstände, Fotografien, offizielle Dokumente, Adressbücher sowie Alltagsutensilien, die selbst im Oeuvre Jawlenskys wiederkehren – lagern nun im Museum Wiesbaden. Das sogenannte Forschungsarchiv wird von Dr. Roman Zieglgänsberger weiter ausgebaut und soll als Schatzkammer für Kunsthistoriker*innen dienen. Übrigens: die leuchtenden Seidenfliegen und bunten Vasen erzählen ganz eigene Geschichten über den Künstler hinter dem Werk.
Mit dem Jawlensky-Archiv kommt nicht nur ein bedeutender Grundstock von Dokumenten, Briefen und Erinnerungsstücken nach Wiesbaden zurück, sondern auch ein emotionales Kapitel europäischer Kunstgeschichte. Die Heirat von Familiengeschichte und Museumsarbeit gelingt selten so elegant wie hier, denn das Archiv umfasst Überlieferungen zu Jawlenskys Schaffensprozessen, seine Verbindungen zu anderen Größen des Expressionismus und zahlreiche Originaldokumente, die für Forscher und Öffentlichkeit gleichermaßen von unschätzbarem Wert sind. Laut ergänzenden Berichten wertete das Museum Wiesbaden diesen rückgeführten Schatz als „einmalige Chance, den Künstler, aber auch seine Zeit neu zu erforschen“, übrigens beflügelt das Ereignis auch aktuelle Diskussionen um Provenienzforschung und den Umgang mit künstlerischem Erbe in Europa. In den letzten 48 Stunden wurde mehrfach über den Transfer und die Bedeutung des Jawlensky-Archivs berichtet: Gerade im Kontext der Zukunft der Museen und der Digitalisierung von Kunstarchiven wird der Schritt als zukunftsweisend verstanden. Außerdem findet die Rückkehr Anklang in der lokalen Kunstszene Wiesbadens und stößt eine breitere Auseinandersetzung mit den persönlichen und politischen Fluchtgeschichten europäischer Künstler an.