Ikkimel zählt heute zu den eindrücklichsten Stimmen im deutschen Hip-Hop, dabei hatte ihr Leben erst ganz andere Pläne parat. Melina Gaby Strauß, so ihr echter Name, wollte eigentlich den weißen Kittel überwerfen und in Norwegen an ihrer Karriere als Neurowissenschaftlerin feilen – das Stipendium lag schon bereit. Doch dann kam alles anders: Ihr Vater erkrankte an Blutkrebs. Während sie ihn pflegte, verschoben sich ihre Prioritäten; sie blieb in Berlin und stellte sich der Musik. Nach dem Tod ihres Vaters fand sie Klarheit: „Ich musste erst einmal laut sagen, dass ich Musik machen will. Wenn der Tod plötzlich mitten im Raum steht, verschiebt sich abrupt alles.“
Heute erhält sie Zuschriften von jungen Frauen, die erzählen, wie ihre Musik ihren Blick auf sich und die Welt verändert hat. Nicht mehr klein beizugeben, sondern kraftvoll und selbstbestimmt durchs Leben zu gehen – das sei das neue Selbstverständnis, das sie mit ihren Songs zu erzeugen versucht. "Beim Joggen oder spät nachts unterwegs – meine Texte sorgen oft für das Gefühl, selbst Stärke auszustrahlen. Es geht darum, nicht in einer Position der Defensive zu verharren, sondern selbst die Handlung zu übernehmen."
Wer die neue ZEIT CAMPUS-Ausgabe mit dem Titel „30 bis 30“ gern lesen will, findet sie im Handel und online. Manchmal holt einen das Leben eben doch auf ganz anderen Bühnen ab, als man es sich je vorgestellt hätte.
Ikkimel, gebürtig Melina Gaby Strauß, erzählt von ihrem Wechsel aus der Wissenschaft in die Musikwelt, motiviert durch persönliche Verlusterfahrungen und das Bedürfnis, eigene Geschichten authentisch zu erzählen. Ihre Musik dient vielen Hörerinnen als Quelle von Macht, Selbstsicherheit und einer neuen, aktiven Haltung im eigenen Leben. Bei der Recherche aktueller Nachrichten fällt auf, dass Ikkimels Fokus auf weibliche Selbstbehauptung und Trauerverarbeitung mitten in eine deutschsprachige Hip-Hop-Landschaft fällt, die sich zunehmend öffnet für Themen wie gesellschaftspolitische Unsicherheit, Feminismus und Biographie – so wird das Persönliche politisch und künstlerisch zugleich.