Lichtkrieger unter Palmen: ZDF-Doku blickt auf Influencer und Reichsbürger-Szene
Mainz – Die Reichsbürgerbewegung zieht immer mehr Menschen in ihren Bann, und die Mischung aus alternativer Esoterik, verschwörerischem Denken und antidemokratischen Tendenzen wirkt wie ein Magnet. Die neue ZDF-Doku „Soldaten des Lichts“ von Johannes Büttner und Julian Vogel beobachtet diese Entwicklung an einem bemerkenswerten Beispiel: Ein Influencer, der Rohkost predigt, Nahrungsergänzungsmittel verkauft und dabei Menschen auf eine fragwürdige Sinnsuche schickt. Im Streaming-Portal des ZDF ab 26. Dezember 2025, 10 Uhr, abrufbar – die lineare TV-Ausstrahlung läuft am 29. Dezember, kurz nach Mitternacht.
heute 16:43 Uhr | 23 mal gelesen
David nennt sich im Netz Mr. Raw. Vor laufender Kamera verkauft er seinen Followern nicht nur Pulver und Pillen, sondern auch Heilsversprechen: Von dunklen Energien, die die Welt bedrohen, bis zu einem neuen deutschen 'Königreich'. Was im ersten Moment an harmlose Selbstoptimierung erinnert, kippt in 'Soldaten des Lichts' rasch ins Unheimliche. Um David scharen sich Coaches, Heiler und andere Influencer, die Angst und Unsicherheit mit apokalyptischen Erzählungen schüren – und ihre Produkte gleich mit. Besonders im Fokus: Der psychisch angespannte Timo, der sich in Davids Erzählungen von Dämonen und magischer Nahrung verliert. Vogel und Büttner begleiten die Gruppe, halten sich mit klaren Urteilen zurück und zeigen, wie leicht Menschen eingefangen werden können – und wie rasch demokratiefeindliche Ideen salonfähig werden. Subtil stellt der Film die Frage: Wie begegnen wir diesen Parallelwelten, ohne endgültig die Brücke abzubrechen? Die Doku ist mit Untertiteln abrufbar.
Die dichte Verflechtung von Esoterik, Influencer-Kulturen und Verschwörungsideologien in der deutschen Reichsbürgerszene sorgt aktuell für Diskussionen. Während die Doku 'Soldaten des Lichts' beispielhaft zeigt, wie leicht Einzelne in solche Milieus geraten und von charismatischen Selbstdarstellern wie Mr. Raw gesteuert werden, warnen Experten in den letzten Medienberichten erneut vor einer Verharmlosung der Szene. Laut Recherchen von taz, Zeit und FAZ nehmen Bedrohungen gegen Journalisten, wachsende Radikalisierung und der gezielte Einsatz von Social Media als Rekrutierungs- und Geschäftsplattformen in dieser Szene spürbar zu. Die Behörden beobachten zudem eine stärkere Vernetzung mit anderen antidemokratischen Strömungen und stellen wachsenden Zulauf, auch aus dem Umfeld von Impfgegnern und Corona-Skeptikern, fest. Die Zahl der als gefährlich eingeschätzten Reichsbürger ist im Jahr 2024 erneut gestiegen. Es ist eine brisante Mischung aus Selbstvermarktung, ideologischer Abschottung und unterschätztem Einfluss, die bisherige Präventionsansätze an ihre Grenzen bringt.