Tradition als Bürde: Warum Metzgereien beim Generationswechsel oft scheitern

Lauffen a.N. – In Familienmetzgereien, wo einst das Miteinander regierte, sind heute dicke Luft und ungeklärte Übergaben keine Seltenheit. Wo früher Routine herrschte, führt das Klammern der Älteren an Altbewährtes und das Ungeduldige der Jungen zu Dauerkonflikten. Vieles endet in Frust – oder direkt in der Schließung.

11.12.25 12:02 Uhr | 23 mal gelesen

Trotz besserer Ausbildung und großer Motivation geraten viele junge Metzgermeister beim Generationswechsel in den alten Familienbetrieb schnell an ihre Grenzen. Das eigentliche Problem ist selten mangelnder Tatendrang – vielmehr fehlt es an echtem Zutrauen und einer gelebten Bereitschaft, die Zügel schrittweise loszulassen. Während ältere Metzger oft die Angst um ihr Lebenswerk lähmt, dürfen die Jungen kaum echte Verantwortung übernehmen. Irgendwann fragt sich der Nachwuchs dann, wozu er sein Engagement überhaupt investieren soll. Es ist ein altbekannter Teufelskreis, in dem Stillstand als bewahrende Pflicht getarnt wird, während die Stimmung schleichend kippt. Natürlich: So einfach wie „man müsste mal reden“ ist es selten. Emotional aufgeladene Fehlzündungen, Sätze wie „So geht das nicht!“, bestimmen vielfach das Betriebsklima. Die Eltern – verständlicherweise stolz auf ihr Schaffen – möchten jeder Veränderung nochmal ihren Stempel aufdrücken. Das lähmt. Gibt es keine klar geregelten Aufgabenbereiche und fest definierte Ziele, läuft die Nachfolgeregelung regelmäßig aus dem Ruder. Klar, Kennzahlen und objektive Ziele könnten helfen. Wenn Junior etwa die Organisation des täglichen Betriebs mit eigenem Spielraum übernimmt, solange die vereinbarten Messwerte passen, kommt Bewegung ins System. Aber oft fehlt der Mut, Wahrscheinlichkeiten und Bilanzen sprechen zu lassen, statt immer wieder auf Bauchgefühl und Routine zu setzen. Ein hölzerner Generationenvertrag alleine reicht eben nicht. Wer loslässt, muss weiterhin im Austausch bleiben – Gespräche auf Augenhöhe, regelmäßig, ehrlich. Gerade dann fühlt sich niemand übergangen, die Älteren können vertrauensvoller beobachten, und Junge entwickeln Motivation, wenn ihnen tatsächlich Verantwortung übertragen wird. Frisch gebackene Meister denken manchmal: Jetzt sind wir schlauer als die Alten. Was nicht stimmt – auch Modernisierer profitieren von Weiterbildung, frischem Input und externem Rat. Die besten Metzgereien, so zeigen Erfahrungen, nutzen den Austausch, besuchen Fortbildungen und schmeißen überholte Prozesse über Bord. Doch es gibt auch die Schattenseite: Eltern, die alles kontrollieren möchten – Junge, die meinen, externe Beratung nicht zu brauchen. Beides bremst. Zukunft hat nur, wer Kooperation und gemeinsames Lernen nicht scheut. Oder wie Tobias Fichtel es direkt formuliert: Verantwortung teilen bedeutet, für das eigene Werk mehr zu tun als nur am Alten festzuhalten.

Der Generationenwechsel in handwerklichen Familienbetrieben wie Metzgereien ist vielerorts ein Drahtseilakt. Meistens klemmt es weniger am Können oder am Willen der Nachfolger, sondern daran, dass Seniorchefs schwer abgeben und echte Verantwortung nicht delegiert wird. Ohne offene Gespräche, modern organisierte Strukturen und die Bereitschaft zum gegenseitigen Lernen scheitert der Übergang oft – und mit ihm nicht selten das Lebenswerk. Aktuell berichten zahlreiche deutsche Medien, dass das Handwerk insgesamt unter Nachwuchsmangel und Nachfolgeproblemen leidet. Durch steigenden Kostendruck, Bürokratie und veränderte Verbraucherwünsche sind viele Metzgereien zusätzlich belastet: Die Zahl der handwerklichen Fleischereien sinkt Jahr für Jahr. Während einige Betriebe innovative Wege gehen, etwa durch Spezialisierung oder Digitalisierung, geben andere ganz auf. In fast allen Berichten wird deutlich: Es fehlt nicht nur an Nachwuchs, sondern vor allem an integrativen, zeitgemäßen Übergabemodellen. Gerade im Fleischerhandwerk sind Offenheit und gegenseitiges Vertrauen die entscheidenden Faktoren für die Zukunftsfähigkeit des Berufsstands.

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