Wagenknecht setzt sich für Expertenregierungen und wechselnde Parlamentsmehrheiten auf Landesebene ein

Sahra Wagenknecht, die führende Stimme des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), fordert die Einführung von Expertenregierungen in Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, falls es nach den Landtagswahlen an klaren Mehrheiten mangelt.

10.11.25 19:40 Uhr | 69 mal gelesen

Die Parteigründerin Sahra Wagenknecht hat klargemacht, dass sie sogenannte 'All-Parteien-Koalitionen', die nur das Ziel vereinen, die AfD auszuschließen, für einen politischen Irrweg hält. Ihre Bewegung BSW werde sich darauf – im Gegensatz zu den etablierten Parteien – nicht einlassen. Sie sagte gegenüber 'Welt', dass der einzige gemeinsame Nenner, nämlich die AfD aus der Verantwortung herauszuhalten, auf Dauer keinerlei tatsächliche politische Gestaltung ermögliche: 'Das ist keine echte Politik und wird von uns nicht unterstützt. Wir stehen für Inhalte und Veränderungen und wollen Teil einer Regierung nur dann sein, wenn es inhaltlich Sinn ergibt.' Gleichzeitig sprach sich Wagenknecht auch gegen Koalitionen mit der AfD aus, sieht aber in der gegenwärtigen Blockadesituation die Notwendigkeit neuer Ansätze. Ihr Vorschlag: Ministerposten sollen künftig von ausgewiesenen Fachleuten besetzt werden, während sich bei Entscheidungen im Parlament flexible, wechselnde Mehrheiten finden. "Das würde politische festgefahrene Fronten lösen, und BSW wäre durchaus bereit, dabei eine vermittelnde Rolle zu übernehmen – ohne die AfD pauschal auszuschließen. Genau genommen, so Wagenknecht, gehört es zur Demokratie, dass Parteien miteinander sprechen. Die oftmals hysterischen Debatten um einen wie auch immer gearteten Kontakt zur AfD hält sie für kontraproduktiv und letztlich für eine Stärkung dieser Partei. Es ginge um lösungsorientierten, nüchternen Austausch anstelle von emotional aufgeladenen Ausschlüssen und Symbolpolitik. Dass ausgerechnet im Parlament die Angst vor einem offenen Dialog so groß sei, empfindet Wagenknecht als kontraproduktiv für das demokratische System.

Wagenknecht formuliert mit ihrer Idee einer Expertenregierung einen klaren Gegenentwurf zu den immer weiter gefassten Blockbildungen im Parteiengefüge ostdeutscher Landesparlamente. Kernpunkt ist die Besetzung von Ministerposten mit Persönlichkeiten jenseits von Parteizugehörigkeiten, um notwendige Sachpolitik überhaupt erst möglich zu machen. Dabei ist es ihr wichtig, demokratische Gespräche mit allen gewählten Parteien – einschließlich der AfD – nicht von vornherein auszuschließen, sondern Differenzen sachlich zu klären. In der aktuellen Debatte nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland werfen viele Medien die Frage auf, ob damit tatsächlich eine Lösung der zunehmenden politischen Polarisierung möglich sei. In Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen wird die AfD Umfragen zufolge sehr stark abschneiden, weshalb Koalitionsbildungen noch komplexer werden. Kritiker geben zu bedenken, dass eine Expertenregierung zwar praktische Blockaden lösen, aber demokratische Legitimation und Kontrolle erschweren könnte. Laut 'Spiegel' und DW gibt es aus anderen Ländern durchaus Beispiele sowohl für erfolgreiche als auch für umstrittene Expertenkabinette – etwa in Italien oder Griechenland während der Eurokrise. Die Frage bleibt, ob sich eine solche Lösung in der spezifischen politischen Kultur Deutschlands durchsetzen ließe.

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