In Deutschland reichen 93.000 EUR zur 'Oberliga'.
Der Begriff Wohlstand klingt zunächst simpel, doch ein Blick über die europäischen Grenzen zeigt: Wohlstand ist nicht nur eine Gehaltsfrage. Eine neue Untersuchung von BuchhaltungsButler gemeinsam mit DataPulse Research räumt auf mit dem Mythos des «absoluten Reichtums» – und macht deutlich, warum schon eine kurze Autofahrt über die Landesgrenze zur finanziellen Zeitenwende werden kann.
Für ihre Berechnungen haben sich die Forscher auf Haushalte mit zwei Erwachsenen und einem Kind konzentriert und in 30 europäischen Ländern das Jahresnettoeinkommen ermittelt, ab dem man dort zu den „obersten Zehn Prozent” zählt. Und die Unterschiede sind erstaunlich: In Luxemburg ist diese Latte erst bei satten 175.000 EUR erreicht; in der Türkei kommt man hingegen bereits mit 19.000 EUR dazu. Die Diskrepanz schrumpft allerdings beträchtlich, wenn man die Kaufkraft einrechnet – auch das spiegelt die Studie wider.
Vom Pro-Kopf-Einkommen zur echten Lebensrealität
In der Statistik glänzen Luxemburg (175.199 EUR), Norwegen und Dänemark weit oben – während sich Länder wie die Türkei (19.287 EUR), Serbien und Rumänien ganz unten wiederfinden. Doch Geld ist nicht überall gleich viel wert: Ein türkischer Haushalt, der bei der statistischen Spitzenklasse steht, kann sich mit 19.000 EUR etwa das leisten, was eine deutsche Mittelklasse-Familie finanziert, weil das Warenangebot günstiger ist. Luxemburg dagegen: Viel Geld, aber auch entsprechend hohe Lebenshaltungskosten.
Wo steht eigentlich Deutschland?
Deutschland ist in diesem Ranking ein klassischer Mitläufer: Wer 93.000 EUR Netto im Jahr verdient, spielt ganz oben mit, aber nicht an der Spitze – sondern über dem europäischen Mittel, das derzeit bei 71.000 EUR liegt. Wer die regionalen Preisunterschiede herausrechnet, entdeckt: Deutsche Gutverdiener schlagen sich besser als gedacht. Das Geld reicht zum gehobenen Lebensstandard, wo andere Spitzen-„Klubs” – etwa Dänemark oder die Niederlande – aufgrund hoher Kosten weniger dafür bekommen.
Die Kluft wird tiefer
Der Unterschied zwischen den Wohlstandsspitzen und der Mittelschicht fällt je nach Region enorm aus: In der Türkei verdienen die obersten 10% inzwischen mehr als doppelt so viel wie der Durchschnitt, anders sieht es in der Slowakei aus (65 % Abstand). Deutschland liegt ziemlich genau im europäischen Mittelmaß, noch immer mit deutlicher Schere: Das reiche Zehntel kassiert 111 % mehr als der Medianhaushalt. Besonders extrem ist die Entwicklung in der Türkei, Bulgarien, Lettland und Litauen – hier vereinen die Reichsten ein Drittel oder gar mehr des Gesamteinkommens auf sich.
Steuern, Debatten und das große Ganze
Parallel zur Auswertung dieser Zahlen wird auch politisch diskutiert: Während von Regierungsseite (unter Führung von Friedrich Merz) weiterhin keine neuen Vermögenssteuern gewollt sind, wachsen die Forderungen nach mehr Fairness – zumindest aus Teilen Europas. Die Studie macht also nicht nur das Reichtumsgefälle, sondern auch die politischen Bruchlinien greifbarer, die Europas Fähigkeit zur geschlossenen Wirtschaftsmacht auf die Probe stellen.
Zur Methodik
Die Datengrundlage stammt von Eurostat (2024) und berücksichtigt sämtliche Steuer- und Sozialabgabeneffekte, angepasst an typische Haushaltsgrößen nach OECD-Äquivalenzskala. Als international gängiger Maßstab dient die Zehn-Prozent-Grenze, um Extremlagen und verzerrte Einzelfälle auszuschließen. Visualisierungen, ausführliche Zahlen samt Länderkarten und Details gibt es auf der Studienseite.
Die Studie von BuchhaltungsButler und DataPulse Research offenbart gravierende Unterschiede bei den Einkommensschwellen für das wohlhabendste Zehntel der europäischen Haushalte – von 19.000 EUR Netto in der Türkei bis zu 175.000 EUR in Luxemburg. Doch wirklich aussagekräftig wird der Vergleich erst durch die Kaufkraftanpassung: Dadurch ähneln sich die Wohlstandsbedingungen in zahlreichen Ländern trotz der nominalen Schere viel stärker, als der bloße Zahlenvergleich suggeriert. Deutschlands Position mag durchschnittlich erscheinen, doch die reale Wohlstandsverteilung hängt entscheidend davon ab, wie viel das Geld im lokalen Warenkorb tatsächlich wert ist. Angesichts wachsender politischer Forderungen nach gerechterer Vermögensverteilung und einer möglichen EU-weiten Harmonisierung der Steuerpolitik wird klar: Die Einkommenskluft spiegelt nicht nur ökonomische, sondern auch gesellschaftliche und politische Herausforderungen wider. Aktuelle Berichte aus Medien wie FAZ, Spiegel und taz heben zusätzlich hervor, dass Inflation, Energiepreise und geopolitische Unsicherheiten die Einkommensungleichheit weiter verschärfen – viele Bürger erleben realen Wohlstandsverlust, unabhängig vom Ranking ihres Landes.