Außenpolitiker drängen auf klarere Bedingungen für Syrien-Hilfen nach der Wahl

Nach den syrischen Parlamentswahlen erhöht sich der Druck auf die Bundesregierung: Politiker von CDU, SPD und Grünen fordern, Hilfszahlungen an die dortige Regierung konsequenter an konkrete Fortschritte zu koppeln.

08.10.25 11:47 Uhr | 59 mal gelesen

Im Frühjahr hatte ich die Gelegenheit, mit der damaligen Außenministerin Annalena Baerbock den syrischen Präsidenten al-Sharaa zu treffen. Schon damals haben wir betont, dass Europa Unterstützung nur dann gewähren kann, wenn sämtliche ethnischen, religiösen und sozialen Gruppen angemessen vertreten und geschützt werden. Das jetzt gewählte Parlament ist zwar symbolisch ein kleiner Fortschritt – ehrlich gesagt halte ich das aber nicht für einen Beweis dafür, dass in Syrien gerade ernsthaft Demokratie entsteht. Viele Gruppen blieben außen vor, und die erschreckenden Meldungen über Gewalt und Einschüchterungen gegen Christen, Alawiten oder Drusen reißen nicht ab. Roderich Kiesewetter von der CDU bringt es auf den Punkt: "Entwicklungshilfe sollte greifbar an Fortschritte gekoppelt sein. Gibt es keine, muss es auch einmal passieren, die Zahlungen kurzfristig auszusetzen." SPD-Mann Adis Ahmetovic sieht ebenfalls Handlungsbedarf: Die Wiederaufbauförderung müsse tatsächlich bei allen Gruppen ankommen – sonst verstarke sich die Gefahr erneuter Machtkonzentration bei wenigen. Mehr noch: Grünen-Politiker Max Lucks geht einen Schritt weiter und kritisiert, dass die deutsche Regierung bislang planlos agiere. Die aktuelle Politik stärke Al-Sharaa und seine Milizen, solange keine echten Reformen durchgesetzt werden, die Minderheiten schützen. Kurzer Einschub: Vor einer Woche wurde das Parlament nach dem Sturz von Assad neu gewählt. Ein großer Teil der Sitze wurde aber immer noch direkt vom Präsidenten festgelegt – Demokratie sieht anders aus. Internationale Beobachter sprechen von Scheinwahlen; und wie ein schwarzer Marker verpflichtend danebenliegt, bleibt die Repression gegen Minderheiten im Land Alltag.

Das syrische Parlament wurde erstmals nach dem Sturz von Baschar al-Assad gewählt – doch wirklich demokratisch war das Verfahren nicht: Ein Drittel der Sitze ging direkt an Kandidaten, die Präsident al-Sharaa persönlich ausgewählt hatte, während der große Rest durch etwa 6.000 Wahlberechtigte bestimmt wurde. Von den insgesamt 250 Mandaten erhielten Angehörige von Minderheiten lediglich zehn Sitze, obwohl sie einen erheblichen Teil der Bevölkerung ausmachen. Die anhaltende Unterdrückung der Minderheiten und die Berichte über Gewaltakte werfen ein klares Licht darauf, wie weit Syrien von einem echten Neuanfang entfernt ist. Immer lauter werden deshalb Stimmen, die Entwicklungshilfen an klare Bedingungen knüpfen wollen: Fortschritte beim Schutz von Minderheiten und echte gesellschaftliche Teilhabe sollen messbar sein, sonst bleibt das Risiko bestehen, dass finanzielle Unterstützung autokratische Strukturen zementiert. Berichten aus den letzten 48 Stunden zufolge wächst die Skepsis gegenüber der aktuellen syrischen Regierung, und auch internationale Hilfsorganisationen rufen dazu auf, genauer zu kontrollieren, wo Gelder tatsächlich landen.

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Ein umfassender Bericht analysiert die Auswirkungen der Parlamentswahlen in Syrien auf die Stabilität im Land und warnt davor, dass das aktuelle Wahlsystem Minderheiten benachteiligt; die Zusammensetzung des neuen Parlaments werde als Zeichen für eine fortbestehende Machtkonzentration und fehlende demokratische Transparenz gesehen. (Quelle: ZEIT ONLINE)

Ein ausführlicher Artikel beleuchtet, wie europäische Hilfszahlungen nach Syrien fließen und fordert strengere Kontrollen, um zu verhindern, dass das Geld in den Händen regierungsnaher Milizen landet; Experten betonen, dass nachhaltiger Wiederaufbau nur möglich ist, wenn alle Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden. (Quelle: Spiegel Online)

Eine aktuelle Analyse beschreibt die Herausforderungen vor Ort aus Sicht von Menschenrechtsorganisationen: Sie dokumentieren Übergriffe auf religiöse Minderheiten und fordern, die internationale Gemeinschaft müsse den Druck auf das syrische Regime weiter erhöhen, um konkrete Verbesserungen des Minderheitenschutzes zu erreichen. (Quelle: FAZ.NET)

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