Bildung offline? Wie ein Uralt-Gesetz digitale Weiterbildung in Deutschland lähmt

Deutschland 2024: Während Zoom, Apps & Co. längst selbstverständlich sind, hält ein ziemlich angestaubtes Gesetz aus dem Sommer 1977 Anbieter moderner Online-Kurse auf – das Fernunterrichtsschutzgesetz. Eigentlich gedacht zur Sicherheit der Verbraucher in der Zeit der Lernhefte per Post, blockiert es heute zeitgemäße Formate vom Live-Coaching bis zum On-Demand-Kurs. Der Preis ist hoch: Bürokratie, Rechtschaos, Innovationsstau.

heute 19:02 Uhr | 21 mal gelesen

Die Digitalisierung kennt keine Pause – und ganz ehrlich, auf Wissensvermittlung per Brief wartet heute niemand mehr. Und doch agieren digitale Bildungsanbieter in Deutschland weiterhin in der Dauer-Notbremse eines Gesetzes, recht mäßig an die Zeit von „Grün ist die Hoffnung“ und VW-Käfer angepasst. Wenn die Zulassung eines Videokurses Monate kostet und jedes Update ein bürokratischer Kraftakt ist, vergeht Anbietern und Lernenden der Spaß – und der internationale Wettbewerb rauscht davon.

Bürokratie – und dann noch eine Runde

Nach dem aktuellen Bundesgerichtshof-Urteil aus Juni 2025 ist klar: Auch moderne Coachings und Mentoring-Angebote können als zulassungspflichtiger Fernunterricht bewertet werden. Wer sich die Zulassung über die ZFU sparen will, riskiert, dass ganze Verträge ungültig werden – oder Rückzahlungen drohen, selbst wenn die Leistung längst erbracht ist. Das Ganze trifft nicht nur ein paar schwarze Schafe, sondern viele ernsthafte Anbieter.

Die Idee dahinter – Verbraucherschutz – ist richtig. Leider knebelt das Regelwerk nun aber alle gleichermaßen. Plattformen und Coaches, die Geld in gute Lehrkonzepte stecken, werden pauschal in Geiselhaft genommen. Die Konsequenz: Viele Zahlungsdienste werden immer nervöser, Ratenzahlungen werden gemieden. Der Markt bremst sich selbst aus, nicht wegen schlechter Qualität, sondern wegen veralteter Vorgaben.

Papierschlacht um Qualität

Die zuständige Behörde, die ZFU, prüft weiterhin Hefte, Kursziele, Vertragsvorlagen – als wären wir nie jenseits der Postkutsche angekommen. Jeder noch so kleine Kurs verlangt bezahlt und geprüft zu werden, von 1.500 € aufwärts; jede Änderung zieht ein neues Verfahren nach sich – nervenaufreibend und teuer, gerade für innovative Unternehmen, die eigentlich schnell auf Trends reagieren müssten. Wer schneller handeln will, schaut in die Röhre.

Viele Vorgaben – wie die Dokumentationspflicht für Kursinhalte, Werbung oder Verträge – sorgen für Transparenz, sind aber für digitale Formate ein Klotz am Bein. Nicht aus Böswilligkeit, sondern, weil das Gesetz nicht mit der Zeit gegangen ist. Die Kosten: Innovationsfreude, Flexibilität und Geschwindigkeit bleiben auf der Strecke.

Global denken – Kleinstaat handeln

Inzwischen wird Bildung global organisiert, Inhalte und Plattformen gehen über Landesgrenzen hinaus. Doch mitten in Europa hält Deutschland stur an einem Kurs fest, der aus der Fehllieferung der Post resultiert. Eigentlich läge die Lösung auf der Hand, zum Beispiel ein EU-weit abgestimmter, digitaler One-Stop-Shop für Anbieterqualifizierung. Weniger Einzelgenehmigungen, stattdessen klare digitale Checklisten – davon könnten alle Seiten profitieren: Anbieter, Lernende und Verwaltung.

Was jetzt zu tun ist

Wenn das FernUSG weiter bestehen soll, muss es radikal überarbeitet werden – so dass es schützt, ohne zu fesseln.

Resümee: Zeit für beherzten Nachschliff

Einst war das FernUSG weit vorn beim Verbraucherschutz. Heute ist es vor allem ein Klotz am Bein für Leute, die Bildung ins Heute holen wollen. Das Grundprinzip – Schutz der Lernenden – muss bleiben. Aber die Ausgestaltung muss dringend ins digitale Jetzt: Weniger Papier, mehr Tempo, faire Gebühren. Nur so bleibt Bildung in Deutschland konkurrenzfähig, innovativ und lebendig.

Über den Autor:

Özkan Akkilic ist Unternehmer, der mit Plattformen wie ablefy digitale Geschäftsmodelle, Coaches und Bildungsanbieter in die Wachstumszone begleitet – mit einem besonderen Blick auf Automatisierung und Nachhaltigkeit. Mehr unter: www.ablefy.io

Kontakt:
ablefy GmbH
E-Mail: info@ablefy.io
Web: https://ablefy.io/

Ruben Schäfer
E-Mail: redaktion@dcfverlag.de

Beitrag basierend auf Originalmaterial der ablefy GmbH.

http://ots.de/5de0dd

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) ist nach wie vor das maßgebende deutsche Regelwerk für Fernunterricht – leider aus einer Zeit, als Digitalisierung noch nicht Thema war. In den vergangenen Tagen haben mehrere Stimmen aus Politik und Wirtschaft erneut die Modernisierung des FernUSG gefordert: Die Digitalisierung der Bildung werde weiterhin durch langwierige Zulassungen und unklare Rechtslagen behindert. Bei Anbietern und Zahlungsdienstleistern wächst die Unsicherheit, ob ihre Angebote rechtlich zulässig sind, was Innovationen bremst und Deutschland im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen geraten lässt. Aktuelle Recherchen zeigen: Die Zahl der Online-Kurse in Deutschland steigt – doch Anbieter klagen zunehmend über unverhältnismäßige Bürokratiekosten und Regularien, die weder die Bedürfnisse der Kunden noch die Eigenheiten digitaler Bildungsformate ausreichend abbilden. Auch europäische Nachbarn setzen bereits stärker auf digitale Standardisierung der Anerkennung und Verbraucherschutz, was als Vorbild für die Bundesrepublik dienen könnte. Unterm Strich wird das Gesetz als zu starr und innovationsfeindlich wahrgenommen – und eine Modernisierung erscheint überfällig, um Anbieter wie Lernende nicht weiter zu hemmen.

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