Direkte Demokratie auf Bundesebene? Politologe Frank Decker bleibt skeptisch

Der Politikwissenschaftler Frank Decker von der Uni Bonn äußert deutliche Zweifel daran, ob Volksentscheide auf Bundesebene sinnvoll wären.

heute 00:04 Uhr | 32 mal gelesen

Frank Decker, Politikwissenschaftler an der Universität Bonn, gab der "Rheinischen Post" ein recht offenes Interview. "Direkte Demokratie, naja, ich habe da so meine Zweifel", bringt er es auf den Punkt. Laut ihm könnten bundesweite Volksentscheide mitten ins parlamentarische System schlagen – die Folge: Die Regierungspolitik würde unterwandert oder plötzlich lahmgelegt. Die Regierenden könnten dann anfangen, politische Blockaden von vornherein mit einzurechnen und am Ende stünde eine Regierung, in der sich alle Parteien wiederfinden – ähnlich wie in der Schweiz. Aber, so Decker sinngemäß, das wäre ein Paradigmenwechsel, den er für Deutschland nicht will.

Direkte Demokratie bleibt in Deutschland ein heikles Thema. Während Initiativen wie "Mehr Demokratie" Erleichterungen fordern und Studien wie das "Volksentscheidranking" erstellen, befürchtet Decker, dass in der Praxis kaum echte Einflussnahme möglich ist. Besonders ärgert ihn, dass Bürgerbeteiligung oft groß angekündigt, aber dann scheitert, etwa wenn politisch nichts umgesetzt wird – wie beim Berliner Flughafen Tegel. Mit Notensystemen für Bundesländer kann er nichts anfangen, weil jedes Land seine ganz eigene Geschichte und Praxis zu Bürgerentscheiden hat. Überdies wird aktuell wieder diskutiert, ob niedrigere Hürden für Volksentscheide wirklich praktikabel und sinnvoll sind – angesichts von Falschinformationen und Populismus keine leichte Frage. Eine Umfrage des ZDF-Politbarometers von Juni 2024 zeigt, dass immerhin 59 Prozent der Deutschen sich mehr direkte Mitsprache wünschen, aber Befürworter und Gegner in vielen Punkten übereinstimmen: Rechtssicherheit und umsetzbare Ergebnisse sind wichtiger als scheinbare Partizipation.

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