Orbán: Merkel als Vorbild, Kritik an Merz wegen Ukraine-Krise

Viktor Orbán, der ungarische Regierungschef, äußert scharfe Vorwürfe an Friedrich Merz im Zusammenhang mit dem Umgang Deutschlands und der EU mit dem Krieg in der Ukraine – und spart zugleich nicht mit Lob für Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

15.11.25 22:04 Uhr | 22 mal gelesen

Im Gespräch mit dem Springer-Vorstand Mathias Döpfner hat Viktor Orbán kein Blatt vor den Mund genommen. Er bot dem deutschen Kanzler — gemeint ist wohl Friedrich Merz, ein Versprecher oder böse Spitze — Unterstützung beim Streben nach Frieden an, unterstellte ihm aber, das Gegenteil zu tun und den Krieg damit zu verlängern. Das gelte laut Orbán nicht nur für Deutschland, sondern für die ganze EU, die mit ihrer aktiven Unterstützung der Ukraine bloß dazu beitrage, dass der Konflikt weitergeht. Während die Hoffnung sei, der Druck auf Russland könnte so steigen, sieht Orbán eher die Uhr für Moskau ticken: 'Die Zeit arbeitet für die Russen, nicht für uns.' Sein Misstrauen gegenüber Berlins Rolle ist offensichtlich. Ohne ein 'sofortiges Friedenssignal' Deutschlands werde Europa nicht zur Vermittlerin für Frieden, meint er. Friedliche Lösungen fordert er am Verhandlungstisch, nicht durch Waffenstärke an der Front. Den Umgang der Bundesregierung hält er für gefährlich: Zu viel Risikobereitschaft, zu wenig diplomatische Entschlossenheit — und wie so oft schwingt bei Orbán das Motiv eines drohenden Weltkriegs mit. Interessant dagegen: Über Angela Merkel verliert er viele anerkennende Worte. Auch wenn sie ihm hin und wieder lauter gekommen sei als die eigene Ehefrau, betont er ihre Klugheit und die gemeinsame Linie in russischen Fragen. Kritik an ihrer langjährigen Politik, gerade im aktuellen deutschen Diskurs, findet Orbán unangebracht. 'In der Russlandfrage hatte sie recht', sagt er und spekuliert sogar, die Eskalation in der Ukraine hätte Merkel als Kanzlerin womöglich abwenden können. Ob das mehr Nostalgie oder Kalkül ist? Schwer zu sagen, aber es klingt danach, als wünsche er sich mehr Diplomatie und weniger Konfrontationskurs in der deutschen Politik.

Viktor Orbán positioniert sich erneut als Kritiker des westlichen Ukraine-Kurses und wirft vor allem der aktuellen, aber auch der deutschen Politik insgesamt vor, mit ihrer Unterstützung Verlängerungen des Krieges in Kauf zu nehmen. Seine explizite Sympathie gilt Angela Merkel und ihrer zurückhaltenden, ausgleichenden Russland-Strategie – und er äußert Zweifel, ob mit ihr der Krieg hätte abgewendet werden können. Diese Kritik an der Linie der Union und der Bundesregierung fällt in eine Debatte, in der sich auch andere osteuropäische Stimmen zuletzt skeptisch zu weiteren Militärhilfen geäußert haben. Laut aktuellen Recherchen der deutschen Presse setzen CDU/CSU und Regierung weiterhin auf Waffenhilfe, während etwa die taz und ZEIT berichten, dass in Osteuropa und sogar in deutschen Teilen die Friedensappelle lauter werden. Die Süddeutsche hebt hervor, dass die Debatte über deutsche Führung und Diplomatie-Rolle auch in Brüssel für Spannungen sorgt. Überdies findet man in der FAZ und auf DW.com differenzierte Analysen zur Rolle Deutschlands als Vermittler oder Hardliner in der Ukraine-Krise, inklusive der Fragen nach europäischer Geschlossenheit. Neuere Artikel der letzten zwei Tage greifen die Kontroversen um Orbáns Kurs auf: Zum einen werden seine Aussagen als destruktiv für die europäische Einigkeit eingeordnet, zum anderen diskutieren mehrere Leitartikel, wie sich die deutsche Russland- und Ostpolitik durch den Krieg gewandelt hat, und es gibt Berichte über wachsenden Druck aus der EU, kompromissbereiter zwischen den Lagern zu vermitteln.

Schlagwort aus diesem Artikel