Hohe Mieten in Großstädten: Wohnungsmarkt als Bremsklotz für Wirtschaft und Gesellschaft?

Der Mietwohnungsmarkt in deutschen Metropolen treibt einen Keil zwischen Stadtbewohner – neue Verträge werden für viele unbezahlbar.

heute 16:56 Uhr | 53 mal gelesen

Wohnen in Deutschlands größten Städten wird zur echten Herausforderung, zumindest für all jene, die jetzt umziehen oder auf Wohnungssuche sind. Die jüngsten Zahlen des ifo-Instituts beschreiben eine Schere, die immer weiter auseinandergeht: Während Bestandsmieter im Vergleich mit moderaten Aufschlägen rechnen mussten, sind die Neumieten in den sogenannten Top-7-Städten seit 2013 um satte 75 Prozent gestiegen. Das Tempo des Anstiegs ist rasant, und das Problem dabei – es betrifft vor allem Wohnungssuchende mit geringem Einkommen. Ich frage mich, wie lange Menschen das noch mitmachen wollen oder überhaupt können. Oliver Falck vom ifo-Institut spricht es ehrlich aus: Wenn die Miete zur größten Hürde wird, ob für Familien, Fachkräfte oder junge Menschen, rutschen Städte ins wirtschaftliche Hintertreffen. Das birgt sozialen Sprengstoff, mal abgesehen vom persönlichen Drama, das Umzüge, Zimmersuche und aufgeschobene Lebensträume inzwischen bedeuten können. Wirklich absurd ist, dass Menschen gezwungen sind, in Wohnungen zu bleiben, die gar nicht mehr zu ihnen passen – einfach, weil Umsiedeln zu teuer wäre. Die Unterschiede zwischen Alt- und Neuverträgen sind frappierend: Rechnet man es durch, zahlen Neu-Mieter in Berlin im Schnitt satte 70 Prozent mehr als Bestandsmieter, in München immerhin 45 Prozent und auch in Hamburg sind es über ein Drittel. "Lotterie“ – so nennt es Simon Krause vom ifo-Institut. Irgendwie passend, angesichts der Tatsache, dass man mit Glück und altem Vertrag ruhig wohnen kann, während andere beim Einzug fast das Doppelte zahlen. Was die Mietbelastung angeht, bleibt bei Bestandsmietern alles beim Alten, doch die, die neu einziehen, kommen zum Teil auf nahezu die Hälfte ihres Einkommens, die allein fürs Dach über dem Kopf draufgeht. Ein entspannter Weg zur Arbeit, Mobilität auf dem Wohnungsmarkt? Weit gefehlt. "Der Arbeitsmarkt verliert an Flexibilität" – auch das klingt erstmal abstrakt, aber im Grunde heißt es nur, dass Leute ausharren, wo sie sind, weil sie es sich nicht leisten können zu wechseln. Und Lösungen? Tja, die üblichen Rezepturen: Bauen, genehmigen, fördern – am besten alles schneller, billiger und gezielter. Natürlich ließe sich über Mietpreisbremsen und ähnliche Instrumente nachdenken, aber echte Entspannung kommt wohl erst, wenn das Wohnungsangebot wirklich wächst. Bis dahin bleibt Mieten in der Stadt ein nervenaufreibender Balanceakt.

Die Studie des ifo-Instituts zeigt, dass die Mietpreise für Neuverträge in den sieben größten deutschen Städten seit 2013 drastisch gestiegen sind, während Bestandsmieter nur moderat betroffen sind. Dadurch ergibt sich nicht nur eine wachsende soziale Kluft, sondern auch wirtschaftliche Risiken, weil die Stadtbevölkerung zunehmend immobil wird und Unternehmen Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu gewinnen oder zu halten. Ergänzend dazu weisen aktuelle Medienberichte darauf hin, dass bundesweit Baugenehmigungen weiter rückläufig sind, viele Bauprojekte stocken und selbst politisch angestoßene Programme für bezahlbaren Wohnraum bislang nur schleppend greifen. Die anhaltende Knappheit führt zu weiter steigenden Mieten, die Kaufpreise bleiben trotz Zinswende auf hohem Niveau, und in einer aktuellen Umfrage berichten mehr als die Hälfte der Mieter von finanzieller Überlastung (Quelle: [taz.de](https://www.taz.de), [FAZ.net](https://www.faz.net), [Die Zeit](https://www.zeit.de)). Hinzu kommt laut Neuerungen in der Gesetzgebung, dass mehr Fördermittel für sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden sollen – allerdings reichen diese Maßnahmen nach Einschätzung vieler Experten nicht aus, um den Krise auf dem Wohnungsmarkt kurzfristig zu entschärfen.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Laut FAZ wurde von Experten eine Kettenreaktion auf den Arbeitsmarkt beobachtet: Die hohe Mietbelastung verdrängt mittlere Einkommensschichten nicht nur aus Innenstädten, sie erschwert Arbeitgebern gezielt die Gewinnung neuer Fachkräfte, weil die Bereitschaft zum Umzug sinkt und Pendelzeiten zunehmen. Zugleich fordert ein neuer Appell von Branchenverbänden mehr Tempo beim Wohnungsbau und gezieltere Förderung von Genossenschaften und Kommunen mit unkomplizierteren Genehmigungsverfahren. Aber selbst bei staatlicher Förderung zeigen aktuelle Zahlen, dass das tatsächliche Ingangbringen neuer Bauprojekte deutlich langsamer verläuft als erwartet. Quelle: FAZ

Nach aktueller Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung verschärft das Zinsumfeld die Lage: Hohe Baukosten, gestiegene Kreditzinsen und stockende Genehmigungen lassen Bauherren abwarten, immer weniger Wohnungen werden tatsächlich fertiggestellt. Zugleich warnen Verbraucherschützer vor den sozialen Folgen dieser Entwicklung – nicht nur einkommensschwache Familien sind betroffen, sondern mehr und mehr die breite Mittelschicht. Politiker reagieren mit Vorschlägen für Prämien, Sonderabschreibungen und flexible Bauvorschriften, stoßen aber auf Bedenken bei Umweltschützern und Anwohnerinitiativen. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Die Zeit berichtet, dass der soziale Wohnungsbau ins Zentrum der Debatte rückt: Um steigenden Mieten entgegenzuwirken, werden Förderprogramme für günstigen Wohnraum ausgebaut, doch die regionale Verteilung ist problematisch – attraktive Lagen sind besonders teuer und lassen sich kaum durch geförderte Projekte erschließen. Die Autoren stellen heraus, dass sich die Wohnungsknappheit nicht allein durch Neubau lösen lässt, sondern auch innovative Ansätze wie Aufstockung, Umnutzung von Leerständen und das Teilen von Wohnraum notwendig werden. So sehen viele Experten das aktuelle System in einer Sackgasse – ohne grundlegende Reformen ist kaum Entspannung auf dem Wohnungsmarkt absehbar. Quelle: Die Zeit

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