Kritik am Vorschlag: DIW-Präsident lehnt Renteneintritt nach Beitragsjahren ab

Marcel Fratzscher vom DIW hält nichts davon, den Rentenbeginn an die Zahl der eingezahlten Beitragsjahre zu koppeln. In seinen Augen würde das bestehende soziale Schieflagen verschärfen.

heute 11:04 Uhr | 23 mal gelesen

Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, findet den Vorstoß, die Rente nicht mehr starr am Alter, sondern an den Beitragsjahren festzumachen, hochproblematisch. Laut Fratzscher wäre solch eine Veränderung ungerecht und würde - man möchte fast sagen: wie gehabt - vor allem Menschen benachteiligen, die weniger verdienen oder aufgrund von Care-Arbeit und Ehrenamt einfach weniger einzahlen konnten. "Man denke an die Rente mit 63 – wer profitiert denn davon? Eher die Männer in gut bezahlten Industriejobs", merkt Fratzscher kritisch an. Die Gefahr: Statt Altersarmut zu lindern, vergrößere sich die Kluft erneut. Und nicht zuletzt könnte die Frage, ab wann jemand 'verdient' in Rente gehen darf, für jede Menge gesellschaftlichen Konfliktstoff sorgen. Fragwürdig ist laut Fratzscher besonders, dass viele Frauen oder Menschen mit längeren Phasen von Teilzeitarbeit oder Familienarbeit noch weiter ins Hintertreffen gelangen würden. Jens Südekum, ein anderer Wirtschaftswissenschaftler, sieht das allerdings anders – er plädiert für das Beitragsjahre-Modell. Da fragt man sich: Ist hier überhaupt ein Kompromiss in Sicht?

Die Debatte um die Rentenreform flammt wieder auf: Der Vorschlag, den Zeitpunkt des Renteneintritts an die Zahl der geleisteten Beitragsjahre zu koppeln, sorgt für Stirnrunzeln. Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, warnt davor, dass dies bestehende Ungleichheiten verschärft, insbesondere zulasten von Frauen, Geringverdienenden oder jenen, deren Erwerbsbiografie durch Erziehungszeiten oder Pflege von Angehörigen geprägt wurde. Eine aktuelle Recherche zeigt, dass in Deutschland ohnehin rund 17 Prozent der über 65-Jährigen armutsgefährdet sind – mit steigender Tendenz. In Ländern wie Frankreich ist das Thema Rentenalter und Beitragsjahre ebenfalls stark umkämpft, wie man erst zuletzt an den landesweiten Protesten gegen die Rentenreform sehen konnte. Inzwischen diskutieren auch politische Kreise in Deutschland, wie man ein faires Gleichgewicht zwischen Beitragsdauer, Lebensarbeitszeit und sozialer Absicherung erreichen kann – doch einen Königsweg scheint es nicht zu geben.

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