Künstler Zino Weinstein regt Debatte um die „Vollendung“ des Stephansdoms an

Wien – Mit dem zweiten Teil seines Kunstprojekts "Volksbegehren des Geistes" wirft Zino Weinstein eine ungewohnte Frage in den Raum: Warum fällt es uns heute so schwer, mutig und offen über eine imaginierte, geistige Vervollständigung des Stephansdoms nachzudenken?

heute 11:22 Uhr | 17 mal gelesen

Im Kern von Weinsteins neuestem Projekt steht die Idee eines zweiten Turms für den Wiener Stephansdom – allerdings nicht als tatsächlichen Bau, sondern als Gedankenspiel. Der in visionärem Blau entworfene Turm, konzipiert aus dem mythisch aufgeladenen Lapislazuli, existiert nur als symbolischer Entwurf und gerade seine Unmöglichkeit ist Programm. Lapislazuli, dieser Stein, wurde jahrhundertelang als Symbol für das Übersinnliche und Bleibende verwendet. Interessant dabei: Das Vorhaben ist mehr Denkanstoß als Machbarkeitsstudie, ein Impuls, der zum Nachdenken provozieren will. Zino selbst formuliert treffend: „Nicht der Dom ist unvollendet – wir sind es!“ Das Projekt ist ein Spiegel für den modernen Umgang mit großen Werken – statt Transformation und Weiterentwicklung regiert oft bloße Bewahrung. Weinstein sieht darin eine verlernte Fähigkeit. Wir erhalten Denkmäler, aber denken selten weiter, was mit ihnen gemeint und gemeint sein könnte. Mit dem "Volksbegehren des Geistes" werden die Betrachter eingeladen, sich der inneren Unabgeschlossenheit anzunehmen: Vollendung bleibt ein Schwebezustand, in dem die Gesellschaft und das Individuum gleichermaßen unterwegs sind. Die Kontaktdaten und Webpräsenz des Künstlers laden offen zur Mitwirkung und kritischer Reflexion ein.

Zino Weinstein stellt mit seinem "Volksbegehren des Geistes" in Wien die gewohnte Sicht auf Denkmäler in Frage. Statt physischer Veränderungen geht es ihm um geistige Beweglichkeit und die Bereitschaft, Unvollständigkeit auszuhalten. Lapislazuli als Material verweist in seinem künstlerischen Konzept auf Transzendenz – und auf das, was im Menschen immer unvollendet bleibt. Aktuelle Diskussionen über Denkmalpflege in Österreich zeigen einen Trend zu Bewahren statt Weiterdenken – gleichzeitig nehmen künstlerische Positionen, die an kollektives Nachdenken appellieren, zu. In den Feuilletons und Kulturspalten der großen Zeitungen wird der Stephansdom gerade wiederholt als Symbol für Wandel, Transformation und Vergangenheit in einer Stadt gesehen, die sich ihrer Tradition bewusst bleibt, aber oft um deren heutige Deutung ringt. Interessanterweise finden 2024 auch mehrere internationale künstlerische Initiativen statt, die den Umgang mit "Unvollendetem" ins Zentrum rücken – etwa im Rahmen von Symposien in anderen europäischen Hauptstädten, die sich ebenfalls mit dem Thema Denkmalschutz versus Geisteshaltung beschäftigen.

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