„Wir sollten alle etwa zehn Prozent länger arbeiten, auch wenn der Lohn gleich bleibt.“ Das sagte Moritz Schularick unverblümt der Neuen Osnabrücker Zeitung. Ihm zufolge geht an einer Ausweitung der Arbeitszeit kein Weg vorbei, falls Deutschland wirtschaftlich wieder Fahrt aufnehmen will. Er forderte die Gewerkschaften auf, weniger an alten Strukturen festzuhalten und stattdessen an Reformen mitzuwirken. Schularick warnt: Ohne Mut zu Veränderungen könnten bald unliebsame Folgen drohen – mehr, als den Arbeitnehmervertreter:innen lieb ist. Anstatt mehr staatliche Unterstützung für ohnehin wankende Industrien einzufordern, sollten Gewerkschaften nach seiner Ansicht lieber bei dringend notwendigen Modernisierungen helfen. Dazu zählt für ihn auch ein flexibleres Arbeitsrecht: Mehr Dynamik auf dem Arbeitsmarkt, Branchenwechsel – etwa vom Autobau zu Verteidigung oder E-Mobilität – müssten vereinfacht werden. Das bedeute auch: Lockerungen beim Kündigungsschutz, vor allem bei Besserverdienenden, um Neueinstellungen günstiger zu machen. „Unsere Gesetze stammen noch aus den Siebzigern“, so Schularick kritisch. Außerdem mahnt er an, dass die Erwerbsquote älterer Menschen in Deutschland zu niedrig sei. Während in Skandinavien auch 65- bis 70-Jährige noch arbeiten, nehme Deutschland zu oft den Frühverrentungs-Weg – und schade sich damit selbst.
Schularicks Forderung einer verpflichtenden unbezahlten Mehrarbeit hat eine teils heftige Debatte ausgelöst. Während Arbeitgeberverbände den Vorschlag befürworten, kritisieren Gewerkschaften und Sozialverbände ihn scharf – vielfach wird auf die ohnehin hohe Arbeitsbelastung und steigende Burnout-Zahlen verwiesen. Interessanterweise zeigen aktuelle Analysen, dass Deutschlands Produktivität im internationalen Vergleich bereits nicht schlecht abschneidet, das Kernproblem aber vor allem im Fachkräftemangel und ineffizienten Strukturen liegt. Neue Daten belegen zudem, dass insbesondere ältere Beschäftigte, denen Schularick mehr Engagement abverlangt, oft gesundheitliche oder soziale Hürden erleben; die skandinavischen Modelle beruhen auf anderen arbeitsrechtlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen. Zugleich wird diskutiert, inwiefern flexiblere Arbeitsregelungen tatsächlich zu mehr Innovation und Wachstum führen würden oder lediglich die Belastung auf die Beschäftigten verlagern.