Röttgen: US-Politik gegenüber Europa steht vor Umbruch

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sieht die neue außenpolitische Kursrichtung der USA unter Donald Trump als fundamentalen Bruch mit den transatlantischen Traditionen – mit tiefgreifenden Folgen für die Zukunft der EU und ihre Zusammenarbeit.

07.12.25 15:01 Uhr | 29 mal gelesen

„Die weltpolitische Weichenstellung in Washington erlebt gerade eine zweite große Wende“, so formulierte es Norbert Röttgen am Rande des Gesprächs am Sonntag in Doha. Für den CDU-Politiker, der das Redaktionsnetzwerk Deutschland informierte, stehen die Zeichen nicht gut: Zum ersten Mal seit 1945, meint er, wenden sich die Vereinigten Staaten ab – sowohl von ihren klassischen europäischen Partnern als auch von der Ukraine, die unter dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands leidet. Doch dabei bleibt es nicht: Vielmehr, so Röttgen, verfolgen die USA mit ihrer neuen Strategie ausdrücklich das Ziel, politisch auf Verhältnisse in Europa Einfluss zu nehmen und sich sogar in die politische Verfasstheit der Staaten einzumischen. Die Nähe zur MAGA-Bewegung prägt dabei nicht nur die außen-, sondern explizit die europapolitische Orientierung – und führt in Deutschland, so Röttgens These, zu einer Annäherung an politische Akteure vom Schlage der AfD. Für Röttgen markiert dies einen radikalen Bruch mit dem transatlantischen Konsens vergangener Jahrzehnte. Sollte sich dieses Szenario durchsetzen, sieht er das europäische Projekt gar existenziell bedroht. Das Gefühl bloßer Enttäuschung ist ihm dabei viel zu schwach: „Ohne die proeuropäische Haltung der USA wären Schritte wie demokratischer Wiederaufbau und Einheit Europas gar nicht denkbar gewesen.“ Jetzt hingegen, dreht sich die US-Strategie nach Röttgens Ansicht ins Gegenteil um. In zugespitzter Form konstatiert er: Europa steht jetzt in der Zange – östlich bedrängt von Russland, westlich von US-geprägten Angriffen auf demokratische Strukturen. Europa, so seine Forderung, müsste angesichts dieser Entwicklungen mehr denn je eigene Initiative und Unabhängigkeit beweisen. Ein konkreter Schritt dazu sei, beim kommenden EU-Gipfel die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen zu beschließen. Nur so könne die EU Verantwortung übernehmen – für ihre eigene Souveränität und zur Unterstützung der Ukraine.

Norbert Röttgen warnt deutlich vor einem fundamentalen Wandel in der US-Außenpolitik, bei dem die klassischen Bündnisse und die bedingungslose Unterstützung Europas durch Washington enden könnten. Unter Trumps Einfluss käme es nicht nur zum Rückzug aus der Ukraine-Unterstützung, sondern auch zu Versuchen, die politische Entwicklung in Europa im Sinne der US-Innenpolitik mitzugestalten – insbesondere über Kontakte zu rechten Parteien wie der AfD. Röttgens Appell: Die EU muss sich spätestens jetzt, in einer Zeit von Bedrohung von innen und außen, emanzipieren. - Zusätzlich zeigen aktuelle Recherchen, dass die Debatte um eingefrorene russische Vermögen und die Finanzierung für die Ukraine auch in anderen Medien intensiv geführt wird. Bereits im Frühjahr hatten sowohl taz als auch die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass sich im europäischen Machtgefüge eine neue Selbstbehauptung Europas abzeichnet – insbesondere mit Blick auf Verteidigung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Rolle Deutschlands. Überdies warnen Medien wie Die Zeit oder Spiegel Online, dass die nächste US-Präsidentschaft entscheidende Weichen stellen wird, nicht nur für Sicherheitsgarantien, sondern für die gesamte politische Kultur zwischen den Kontinenten. Politische Beobachter erwarten, dass auch auf dem nächsten Brüsseler Gipfel die Frage nach neuen transatlantischen Beziehungen oben auf der Tagesordnung stehen wird.

Schlagwort aus diesem Artikel