Süßer Norden: Lebensmittelindustrie stellt sich gegen geplante Zuckersteuer

Mit einer kantigen Kampagne protestieren die deutschen Lebensmittelverbände energisch gegen die Debatte um eine Zuckersteuer, wie sie zuletzt die schwarz-grüne Regierung Schleswig-Holsteins angestoßen hat. "Süßes gehört zur norddeutschen Identität", heißt es – und der Streit um Rezepturen nimmt Fahrt auf.

heute 14:00 Uhr | 12 mal gelesen

Es ist nicht irgendein Streit, sondern einer ums Eingemachte: Die Lebensmittelhersteller im Norden rollen gegen die Idee einer Zuckersteuer an – und zwar nicht allein, sondern mit geballter Lobby-Power. Was für Außenstehende nach einer detailverliebten Debatte klingt, ist in den Verbänden längst zur existenziellen Angelegenheit geworden. Christoph Minhoff, Chef der BVE, redet Klartext: Politische Einmischung in Rezepturen, so sagt er, frustriere nicht nur branchenintern, sondern bringe selten gewollte gesundheitliche Effekte. Fast schon trotzig verweist er auf Traditionen und Esskultur – und auf das, was Bildungsinitiativen und Bewegungsförderung angeblich viel nachhaltiger bewirken könnten als Steuern, die ausgerechnet Marmeladen, Kuchen und Co. teurer machen würden. Eine Zuckersteuer, so die Stoßrichtung der Industrie, bringe wenig und schade viel – mit Folgen für regionale Delikatessen und bewährte Rezepte. Wer sich informieren will, schaut auf die Webseite der Kampagne – oder, um ehrlich zu sein: fragt mal beim nächsten Dorffest, wie süß der echte Norden wirklich ist.

Die Diskussion um eine mögliche Zuckersteuer ist nicht neu, aber sie wird immer heftiger geführt, vor allem wenn Traditionen auf Gesundheitspolitik treffen. Während die Industrie die Wirksamkeit solcher Steuern mit Verweis auf fragwürdige wissenschaftliche Studien bezweifelt und stattdessen auf Bildungsmaßnahmen setzt, argumentieren Gesundheitsbefürworter mit alarmierenden Zahlen zu Übergewicht und Diabetes – ein echtes Dilemma. Interessant ist, dass Studien aus Ländern wie Großbritannien und Mexiko durchaus Effekte zeigen (etwa einen langsameren Zuwachs des Zuckerkonsums), aber die Gewerkschaften und Hersteller befürchten in Deutschland den Verlust kulinarischer Vielfalt und schwören auf Eigenverantwortung und Genusskultur, während die Politik zwischen Prävention und wirtschaftlichen Sorgen zerrieben wird.

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