Tierwohl im Fokus: Wie Haltung und Herkunft das Einkaufsverhalten prägen

Wer morgens im Supermarkt steht und überlegt, welches Fleisch oder welche Milch ins Körbchen wandert, ahnt oft nicht, wie sehr das Thema Tierwohl mittlerweile im Mittelpunkt steht. Laut einer frischen Civey-Umfrage, beauftragt vom Forum Moderne Landwirtschaft, achten 72 Prozent der deutschen Konsumenten sehr gezielt auf die Lebensbedingungen der Tiere. Herkunft spielt für fast zwei Drittel ebenfalls eine große Rolle – und die meisten informieren sich dabei aktiv über Siegel oder Regionales.

heute 11:47 Uhr | 16 mal gelesen

Was ich an den aktuellen Zahlen spannend finde: Es gibt diese gewisse Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Lea Fließ, die Geschäftsführerin vom Forum Moderne Landwirtschaft, bringt es treffend auf den Punkt – Innovation in den Ställen und Transparenz nach außen können das Vertrauen stärken, aber geschenkt wird nichts. Gerade rund um die Feiertage wird deutlich, wie tief Traditionen noch verankert sind – Gans, Rinderbraten oder Würstchen mit Kartoffelsalat dominieren nach wie vor, auch wenn bei Jüngeren fleischlose Gerichte Boden gutmachen. Interessant, aber eben auch ernüchternd: Gerade einmal ein Drittel der Befragten möchte maximal zehn Prozent mehr für tierfreundliche Produktion bezahlen; für ein Drittel ist jeder Preisaufschlag schlicht nicht drin. Dazu kommt, dass vor allem Digital Natives und Stadtbewohner:innen ihre Infos immer mehr aus Instagram, Landwirtschafts-Influencern oder direkten Hofgesprächen ziehen. Mehr Ehrlichkeit, bessere Kennzeichnung, weniger komplizierte Vorgaben und vor allem ein echtes Miteinander zwischen Hoftor und Supermarktregal – das fordern die Leute. Fast die Hälfte wünscht sich konkret verbesserte Tierhaltungen und mehr Rücksicht auf das Tierwohl, aber eben auch, dass gleichzeitig Landwirte nicht allein auf den Mehrkosten sitzenbleiben. Kurz: Moderne Tierhaltung ist ein Spagat zwischen gesellschaftlicher Erwartung, betrieblicher Wirklichkeit und der Bereitschaft, für all das tatsächlich zu bezahlen. Das Forum Moderne Landwirtschaft setzt sich genau da an die Nahtstelle: Austausch, Sichtbarkeit, Dialog.

Die Erhebung, durchgeführt vom 27. bis 28. Oktober 2025 mit 2.500 Teilnehmenden, gibt einen ziemlich repräsentativen Überblick: Das Bewusstsein für Tierwohl steigt – zumindest im Kopf und auf dem Papier. Allerdings bleibt die Bereitschaft, dafür tatsächlich spürbar mehr zu zahlen, trotz aller guten Vorsätze zurück. Nach aktuellen Berichten in großen deutschen Medien gibt es parallel politische Debatten um verpflichtende Tierhaltungskennzeichnungen und fairere Preise für Landwirte. Laut Süddeutscher Zeitung hat das Bundeslandwirtschaftsministerium kürzlich weitere Verschärfungen im Tierschutz angekündigt, während einige Bundesländer Förderprogramme für tierwohlgerechte Stallumbauten auflegen. Internationale Studien, etwa der EU-Kommission, sehen übrigens eine ähnliche Entwicklung: Bewusstsein wächst, tatsächlich geändertes Kauf- und Essverhalten entwickelt sich jedoch langsamer und oft erst durch gesetzliche Vorgaben oder öffentlichkeitswirksame Skandale.

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