VdK-Chefin Bentele fordert mehr Sichtbarkeit für Ehrenamt – „Der Staat braucht uns“

Ohne Ehrenamt läuft nichts, sagt Verena Bentele vom Sozialverband VdK. Warum sie das freiwillige Engagement im Grundgesetz sehen will und was ihrer Meinung nach sonst noch schiefläuft.

heute 09:21 Uhr | 58 mal gelesen

Mal ehrlich: Wer hat schon Zeit übrig – und trotzdem stemmen deutschlandweit hunderttausende Menschen ihr Ehrenamt. Der VdK, immerhin größter Sozialverband des Landes, lebt von seinen 60.000 freiwilligen Helferinnen und Helfern. Präsidentin Verena Bentele meint: Diese stille Leistung müsste endlich politisch anerkannt werden. Konkrete Forderung: Das Ehrenamt soll einen festen Platz im Grundgesetz bekommen, um einerseits Wertschätzung zu zeigen, andererseits die Rahmenbedingungen zu verbessern. Denn Bentele sieht da Lücken: Freistellungsregelungen für Fortbildungen, die sogenannte Bildungszeit, existieren längst nicht überall, häufig gehen Ehrenamtliche dafür im Normalurlaub und damit eigentlich auf ihre eigenen Kosten. Genauso hinkt die viel zitierte Ehrenamtskarte – manche Bundesländer vergeben sie, andere nicht. Als Belohnung winken Vergünstigungen, aber bundesweit gibt’s sie eben nicht. Auffallend: Laut Bentele sind es häufig Frauen, bei denen ehrenamtliches Engagement mit anderen familiären Pflichten kollidiert – etwa Kinderbetreuung oder Pflege Angehöriger. "Ich habe schon früh von meiner Familie gelernt, dass man sich einmischen und Verantwortung übernehmen sollte. Wenn wir warten, bis der Staat alles regelt, sind wir zu spät", erzählt sie. Ehrenamt bringt aber auch viel für einen selbst: Kontakte, Überraschungen, das Entdecken schlummernder Talente. Bentele kennt Leute, die dadurch regelrecht aufblühen – plötzlich moderieren sie Versammlungen oder organisieren Projekte, an die sie sich sonst nie herangetraut hätten. Insgesamt will sie, dass ehrenamtliches Engagement gesellschaftlich spürbar, rechtlich gestärkt und endlich aus der Ecke des Selbstverständlichen geholt wird.

Verena Bentele vom VdK plädiert dafür, das Ehrenamt als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern, sodass die Bedeutung freiwilliger Arbeit stärker anerkannt und rechtlich abgesichert wird. Sie weist darauf hin, dass viele aktive Ehrenamtliche heute zu wenig Unterstützung und Wertschätzung erfahren, obwohl der Beitrag für sozialen Zusammenhalt unverzichtbar sei. Bildungszeit für freiwillig Engagierte und die bundesweit einheitliche Ehrenamtskarte bleiben ihrer Ansicht nach wichtige Baustellen. Zuletzt rücken Ehrenamt und Freiwilligenarbeit auch auf der politischen Agenda stärker in den Fokus: Angesichts wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen wie Integration, Katastrophenschutz und sozialer Isolation während der Corona-Pandemie wurde wiederholt kontrovers diskutiert, ob das Ehrenamt besser staatlich unterstützt werden sollte. Die Bundesregierung verwies jüngst auf Förderprogramme, etwa die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE), die innovative Projekte explizit unterstützt, aber vielerorts fehlt es nach wie vor an Zeit, Ressourcen und gesellschaftlicher Rückendeckung. Eine Debatte um die verpflichtende Anerkennung des Ehrenamtes – etwa wie in Österreich, wo gemeinnütziges Engagement in Bildung und Arbeitsmarkt oft stärker angerechnet wird – nimmt in Fachkreisen an Fahrt auf. Gleichzeitig gibt es Studien, laut denen die Zahl der aktiv Engagierten in Deutschland in den letzten Jahren leicht zurückgeht, was Fachleute alarmiert. Artikel-Recherche (Stand: heute): 1. Aus der FAZ: Ein längerer Beitrag analysiert, wie das Bedürfnis nach gesellschaftlichem Beitrag und individueller (beruflicher) Überlastung das Ehrenamt bedroht. Viele Initiativen verzeichnen Mitgliederschwund – besonders bei jungen Erwachsenen – und Experten fordern flexiblere Strukturen, um das Ehrenamt attraktiver zu machen (Quelle: FAZ). 2. In der Süddeutschen Zeitung: Im Fokus stehen Nachbarschaft und Engagement nach der Flutkatastrophe. Die Reportage schildert, wie fehlende staatliche Strukturen im Katastrophenschutz durch freiwillige Helfer teils kompensiert werden, fordert zugleich eindeutigere gesetzliche Absicherung für die Engagierten (Quelle: Süddeutsche Zeitung). 3. Auf taz.de: Ein Report beschäftigte sich damit, wie Frauen in sozialen Ehrenämtern oft unsichtbare Mehrarbeit leisten. Gleichzeitig gäbe es zu wenig Angebote für die Entlastung oder Würdigung dieser spezifischen Belastungen, was zu Überforderung führt (Quelle: taz.de).

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