Frisch im Amt als Schirmherrin des Preises hat WDR-Intendantin Dr. Katrin Vernau betont, wie wichtig facettenreiche Stimmen im Journalismus sind. Mit Sophie von der Tann (aus dem ARD-Studio Tel Aviv) und Katharina Willinger (aus Istanbul/Teheran) fiel die diesjährige Hauptauszeichnung auf zwei Reporterinnen aus dem internationalen ARD-Netzwerk. Die Jury hielt fest, dass der Sonderpreis verdient an Reporter ohne Grenzen geht – für den mutigen und nicht selten lebensgefährlichen Einsatz weltweit für Pressefreiheit und den Schutz von Medienschaffenden. Besonders zufrieden zeigte sich Vernau über die Würdigung von Borhan Akid durch den Förderpreis. "Sein Werdegang beeindruckt mich: Vor zehn Jahren selbst als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland gekommen, inzwischen festes Teammitglied beim WDR – Akid bringt nicht nur neue Sichtweisen mit, sondern gestaltet spannende Formate, die das Publikum bewegen."
Auffällig wurde Borhan Akid dieses Jahr mit gleich zwei außergewöhnlichen journalistischen Arbeiten. Zum einen leitete und moderierte er „Danke, aber... 10 Jahre nach Merkels Versprechen", ein Format, in dem Geflüchtete mit Angela Merkel ins Gespräch kommen konnten. Nach Meinung der Jury entwickelte sich daraus ein ungewöhnlich authentischer Dialog zwischen ehemaliger Kanzlerin und jenen, deren Leben durch politische Entscheidungen beeinflusst wurde – Migration einmal anders gedacht, nicht nur als gesellschaftliches Problem.
Andererseits begleitete Borhan Akid in "Wieder in Syrien" die eigene Rückkehr nach Damaskus, als Betroffener und Filmemacher in Personalunion. Die Jury hob hervor, wie überzeugend und uneitel er sich selbst, seine Gefühle, aber auch die starken Stimmen anderer mit Exilerfahrung ins Zentrum stellte. Fragen nach Zugehörigkeit, Exil und der Zerrissenheit älterer Geflüchteter, die sich zwischen Heimat und neuer Existenz entscheiden müssen, wurden sensibel eingefangen.
Noch kurz zum Background: Akid war bereits vor dem Krieg in Syrien journalistisch tätig, floh 2015 nach Deutschland und arbeitete sich Schritt für Schritt beim WDR ein – von einem Praktikum für das multilinguale Format WDRforyou 2018 hin zu Podcasts und eigenen Reportagen wie „CUT – das Silvester, das uns verfolgt”. Der Förderpreis ist mit 2.500 Euro dotiert. Die feierliche Preisvergabe findet am 4. Dezember im WDR Funkhaus in Köln statt.
Borhan Akid steht exemplarisch für gelungene Integration im deutschen Journalismus: Vom eigenen Fluchthintergrund geprägt, setzt er sich in seiner Arbeit für neue Erzählperspektiven und differenzierte Sichtweisen auf Migration ein – gerade auch mit Blick auf sein Format über das Merkel-Versprechen und den Selbstversuch, nach Jahren ins syrische Damaskus zurückzukehren. Der Preis würdigt nicht nur seine Kreativität, sondern auch sein konsequentes Engagement dafür, die Kluft zwischen Geflüchteten und deutscher Gesellschaft zu überbrücken. Laut aktuellen Medienberichten rücken die Hanns-Joachim-Friedrichs-Preise generell verstärkt Diversität sowie den Schutz unabhängiger Berichterstatter (z.B. Reporter ohne Grenzen) in den Fokus und setzen damit ein Zeichen in einer zunehmend polarisierten Medienlandschaft; ergänzend dazu wird in verschiedenen Interviews und Kommentaren unterstrichen, wie wichtig Stimmen wie Akids für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind – gerade auch in Hinblick auf das Erstarken von Populismus und Desinformation.