Abhängigkeit von US-Clouds: Sicherheitspolitiker setzen auf europäische Lösungen

Nach dem Umstieg des Internationalen Strafgerichtshofs von Microsoft auf deutsche Software fordern führende Unionspolitiker eine weniger US-zentrierte IT-Strategie in Behörden und kritischen Infrastrukturen.

heute 04:18 Uhr | 27 mal gelesen

„Wir sollten unsere Fähigkeiten gezielt mit europäischen oder am besten gleich deutschen Lösungen ausbauen – gerade bei sensiblen, behördlichen IT-Strukturen“, betonte Roderich Kiesewetter (CDU) im Gespräch mit dem 'Handelsblatt'. Zwar sei der Weg weg von US-Anbietern teuer und vermutlich zum Start mit technischen Einschränkungen verbunden, doch die geopolitische Unabhängigkeit wiege schwerer. Auch Marc Henrichmann, der dem Parlamentarischen Kontrollgremium der Geheimdienste vorsteht, sieht in europäischen Software-Angeboten – sofern sie wirklich sicher und datenschutzfreundlich sind – eine Zukunft. "Die politischen Unwägbarkeiten, besonders mit Blick auf die US-Politik und Präsident Donald Trump, bergen unberechenbare Risiken", warnte Kiesewetter weiter. Denn, zugespitzt gesagt: Wer die Cloud hat, hat zur Not auch den Hebel in der Hand, sie anderen abzuschalten. Deshalb sei eine zügige europäische Entwicklung im Bereich digitaler Souveränität nötig, auch wenn man kurzfristig oft nicht an US-Konzernen vorbeikomme. Henrichmann sieht daher eine dringende Aufgabe: Europa solle auf einen digitalen Kurs setzen, der Innovationen möglich macht, Sicherheit verbindlich garantiert und echte technologische Unabhängigkeit als Ziel vorgibt.

In den vergangenen Tagen haben deutsche Sicherheitspolitiker erneut Alarm geschlagen: Die jüngste Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, Microsoft zu verlassen und Open Desk einzusetzen, rückt die verwundbare Abhängigkeit Europas von US-Cloud-Anbietern in den Fokus. Es geht dabei nicht nur um Datensicherheit und Datenschutz, sondern auch um geopolitische Risiken – besonders angesichts der ungewissen politischen Entwicklung in den USA, wo mögliche Umbrüche (etwa durch einen erneuten Wahlsieg Donald Trumps) zu abrupten Zugriffsbeschränkungen führen könnten. Während Alternativen anfangs oft teurer und technisch weniger ausgereift scheinen, gilt der Aufbau digitaler Souveränität vielen als unverzichtbar, gerade im öffentlichen Sektor und bei kritischer Infrastruktur. Aktuelle Recherchen zeigen, dass das Thema mittlerweile europaweit diskutiert wird: Die EU-Kommission arbeitet an Initiativen für mehr digitale Eigenständigkeit, unter anderem im Rahmen von Gaia-X. Medien berichten außerdem über erste Projekte zur Entwicklung sicherer europäischer Cloud-Dienste, wobei Bedenken gegen US-Dienste nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Frankreich oder den Niederlanden wachsen. Dennoch gibt es Stimmen, die warnen, dass eine übereilte Abkehr ohne leistungsfähige Alternativen die Digitalisierung der Verwaltung bremsen könnte – ein Balanceakt zwischen Autonomie und technologischem Stillstand.

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