Ehemaliger Diplomat Ischinger: „Wir waren zu vertrauensvoll“

Wolfgang Ischinger, früherer Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, kritisiert Deutschlands starke Abhängigkeit von den USA und anderen Staaten und äußert Selbstkritik an der bisherigen Außenpolitik.

25.09.25 19:03 Uhr | 256 mal gelesen

In einem Interview mit der 'Zeit' räumt Wolfgang Ischinger ein, dass Deutschland in außenpolitischen Fragen häufig zu gutgläubig war, insbesondere im Vertrauen auf die Vereinigten Staaten und im Umgang mit Russland. Ischinger betont, dass Deutschland aufgrund der aktuellen geopolitischen Spannungen seine außenpolitischen Leitlinien umfassender anpassen musste als andere europäische Länder. Die starke Konzentration auf russische Energielieferungen habe sich im Rückblick als riskantes Kalkül erwiesen, da man unterschätzt habe, wie sehr Russland diese als Druckmittel nutzen könnte. Zum Thema der US-Politik äußerte Ischinger, früher strikt zwischen innen- und außenpolitischen Entwicklungen in den USA unterschieden zu haben, doch angesichts der jüngsten Ereignisse sei diese Trennung fraglich geworden.

Ischingers grundlegende Selbstkritik spiegelt eine weit verbreitete Debatte über Deutschlands außenpolitische Strategie wider. Besonders die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, wie riskant die Abhängigkeit von einzelnen Partnerstaaten – etwa für Energie oder sicherheitspolitische Garantien – sein kann. Die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und Europa, gerade unter der Präsidentschaft von Donald Trump, haben dazu beigetragen, dass Deutschland vermehrt eine eigenständigere, kritischere Position in internationalen Beziehungen einnimmt. Aktuelle Berichte aus deutschen Leitmedien vertiefen diese Thematik: Die Bundesregierung prüft laut 'Spiegel' neue Kooperationen in der Sicherheitspolitik, um die Transatlantik-Abhängigkeit zu verringern. Die 'FAZ' berichtet von zunehmenden Diskussionen über eine europäische Verteidigungsunion, während die 'SZ' betont, dass energiepolitische Abhängigkeiten und ihr Abbau zentrale Themen der aktuellen Legislatur sind.

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