Die Debatte um den angeblich allgegenwärtigen Fachkräftemangel in Deutschland lässt Claudia Goldin eher schmunzeln oder vielleicht stirnrunzelnd zurück. Ihrer Erfahrung nach, und die ist nicht ohne Gewicht, regelt der sogenannte Markt auch dieses Problem: 'Mehr Lohn, mehr Bewerber. Gerade für Frauen wird Arbeit attraktiver, sobald die Bedingungen stimmen', so Goldin im Interview mit dem 'Handelsblatt'. Interessant ist, wie sie sich zur hohen Teilzeitquote bei Frauen äußert – eine Folge von gesellschaftlichen Erwartungen, von fehlender Gleichberechtigung in den Familien und, natürlich, vom schnöden Mammon. Goldin rät jungen Frauen, die beides wollen, Kinder und Karriere, pragmatisch, aber durchaus auch augenzwinkernd: 'Sucht euch einen Partner, der auch mal Windeln wechselt und nicht nur staunend danebensteht.'
Beim internationalen Vergleich überrascht ihre Perspektive kaum: Schweden bleibt das Musterland, was Jobmöglichkeiten und Kinderfreundlichkeit betrifft. Aber Kanada und Frankreich, sagt Goldin, ziehen kräftig nach und holen bei der Vereinbarkeit auf. Nebenbei kritisiert sie, wie hier wie dort Frauen in hohen Ämtern in Szene gesetzt werden: 'In den USA, da hat Trump viele Frauen ernannt – die aber alle wie aus einer Marketing-Kampagne wirken.' Dieser Seitenhieb sitzt und zeigt ihre Beobachtungsgabe für gesellschaftspolitische Details – denn Vielfalt meint eben nicht nur Äußerlichkeiten.
Wo sie selbst ziemlich ratlos bleibt: die niedrige Geburtenrate in Deutschland. Goldin wundert sich offen: Viel Unterstützung vom Staat, aber auch jede Menge Denkverbote und veraltete Geschlechterbilder. Der Druck, 'die perfekte Mutter' zu sein, bleibt hoch – und so bleibt die Geburtenrate hier irgendwie paradox niedrig. Ist das zu fassen? Irgendwie schwer zu erklären.
Goldin zweifelt am deutschen Fachkräftemangel und verweist lakonisch auf das Grundgesetz ökonomischer Anreize: Unternehmen müssten nur ordentlich zahlen, dann fänden sich auch Arbeitskräfte. Sie sieht Defizite in Sachen Gleichstellung, wobei sie den deutschen Muttermythos und den gesellschaftlichen Druck auf Frauen explizit anspricht, was paradoxerweise trotz staatlicher Förderung zu einer niedrigen Geburtenrate führt. Goldin betrachtet Fortschritte in Ländern wie Schweden, Kanada und Frankreich als Vorbilder, bleibt aber kritisch gegenüber der oberflächlichen Förderung von Frauen in politischen Führungspositionen – beispielsweise unter Trump –, da echte Vielfalt mehr als bloßen Schein bedeutet.
Zusätzliche Details aus aktuellen Recherchen (Stand: Juni 2024):
Die Diskussion um den Fachkräftemangel, insbesondere im Gesundheits- und Techniksektor, wurde in den letzten Tagen durch neue Daten befeuert; laut dem aktuellen 'Fachkräftemonitor' fehlen in Deutschland branchenübergreifend vor allem IT-Spezialisten und medizinisches Pflegepersonal. Die Bundesregierung kann die Lücke offenbar nur teilweise durch Zuwanderung und Qualifizierungsprogramme abfedern. Zugleich läuft parallel eine Debatte um die Reform des Elterngeldes und die Aufwertung von 'Sorgearbeit', mit der Hoffnung, Geschlechterrollen langfristig aufzubrechen und mehr Frauen dauerhaft im Arbeitsmarkt zu halten.