Mittelstand bleibt skeptisch: Kaum spürbarer Bürokratieabbau laut aktueller Umfrage

Trotz politischer Versprechen empfinden über 85 Prozent der mittelständischen Unternehmen keine echte Entlastung durch Bürokratieabbau. Die Maßnahmen der Bundesregierung wirken für einen Großteil der Unternehmer bisher kaum greifbar.

heute 07:54 Uhr | 23 mal gelesen

Hand aufs Herz: Wer glaubt der Mittelstand spürt schon heute die befreite Leichtigkeit, weil das Bürokratie-Monster gezähmt wurde? Laut einer frisch erschienenen Umfrage – initiiert vom Behörden-Spiegel zusammen mit dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft – schnauft das Gros der Unternehmer weiterhin unter Formularbergen und Regeln, die regelmäßig neue Pirouetten schlagen. Satte 88 Prozent outen sich: Sie verspüren wenig bis gar nichts von den vielen angekündigten Erleichterungen. Gefragt nach dem Kurs der Politik beim Bürokratieabbau attestieren 38 Prozent den Verantwortlichen ein „eher schlechtes“, die Hälfte sogar ein „sehr schlechtes“ Zeugnis. Das Ergebnis klingt wie ein kollektives Seufzen. Im Alltag angesprochen: Fünf bis acht Arbeitsstunden pro Woche investieren Unternehmenslenkerinnen und Lenker ganz im Ernst in Papierkram, Nachweisorgien, wiederkehrende Formulare. Es klingt fast als sei der tägliche Paragrafendschungel längst selbstverständlicher Begleiter. Mehr als sechs von zehn kritisieren aufwendige Dokumentationen, fast jeder Fünfte stöhnt über ständig wechselnde Regeln. Und da sind die Behördenwege und Genehmigungsprozeduren ja noch gar nicht mitgerechnet. Ein wenig zynisch sagte der BVMW-Geschäftsführer Christoph Ahlhaus dazu: Bürokratie ist „Innovations- und Produktivitäts-Killer Nummer eins“. Sein Appell klingt nach Trotz: „Wir wollen und können mehr – aber wir dürfen nicht.“ Die Bundesregierung bastelt derzeit ein weiteres Entlastungs-Paket, das in diesen Tagen im Kabinett beschlossen werden soll. Ob es dieses Mal wirklich anders läuft?

Die Diskussion um Bürokratieabbau im deutschen Mittelstand zieht sich seit Jahren – und doch scheint der große Wandel auszubleiben. Ein bemerkenswertes Detail aus aktuellen Medienberichten: Besonders kleine und mittlere Unternehmen fühlen sich oftmals als Versuchskaninchen für neue Gesetze und Pflichten, die den Alltag eher komplizierter als einfacher machen. Viele fühlen sich auf eigene Faust gelassen, während wirtschaftliche Rahmenbedingungen ohnehin anspruchsvoller werden; laut taz, FAZ und Spiegel geht die Kritik über bloße Bürokratie hinaus und betrifft auch Fragen der Planbarkeit, der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit und der Digitalisierung, die häufig nicht ausreichend mitgedacht werde.

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