Kaum jemand hatte das Rüstungsgeschäft bei Daimler Truck ernsthaft auf dem Schirm – jahrelang fristete es ein Schattendasein, beinahe wie das ungeliebte Kind in der Familie. Jetzt, nach eigener Aussage von Franziska Cusumano im Gespräch mit dem "Mannheimer Morgen", rückt genau dieser Bereich ins Zentrum unternehmerischer Ambitionen. 'Wir haben uns strategisch neu aufgestellt, ordentlich in unsere Produkte und das Servicenetz gesteckt', so Cusumano. Hintergrund ist ein deutlich spürbarer Wandel angesichts der politischen "Zeitenwende", die Bewegung in der Branche bringt. "Wir sind bereit, ordentlichen Anteil an diesem Markt für uns zu gewinnen."
Konkret: Der Umsatz im Verteidigungsgeschäft, der aktuell nur zirka ein Prozent des (beeindruckenden) 54-Milliarden-Euro-Gesamtumsatzes des Konzerns ausmacht, soll verdoppelt werden. 2026 plant Daimler Truck zudem, bei der internationalen Fachmesse Euro Defense Expo in Essen mit dabei zu sein – vermutlich nicht ohne Stolz. Das alles passt zum Profil, denn der Fokus liegt klar auf Transport- und Logistikfahrzeugen, also rollenden Arbeitstieren.
Allerdings, gibt Cusumano zu, stehen alternative Antriebe bei Spezialmaschinen wie etwa Feuerwehr- oder Landwirtschaftsfahrzeugen vor eigenen Hürden. Sie hebt hervor: Wirklich emissionsfrei wird es erst dort, wo es technisch und wirtschaftlich Sinn ergibt. "Es geht hier um Maschinen, die jederzeit funktionieren müssen. Einfach eine Batterie einbauen – so läuft das bei einem Mähdrescher am Ende nicht. Und auch das Problem, dass einfach nirgends Ladesäulen stehen, wiegt schwer." Außerdem schlagen die hohen Anschaffungskosten derzeit noch zu Buche. Für den Moment setzt Daimler Truck daher auf naheliegende Modelle wie den batteriegetriebenen eEconic-Müllwagen – der beispielsweise in Frankfurt bereits erfolgreich rollt.
Daimler Truck wagt sich mit neuem Elan in die Defense-Branche: Die Sparte, die bislang eher ein Nischendasein führt, soll durch gezielte Investitionen deutlich wachsen – mit dem erklärten Ziel, den Umsatzanteil im niedigen einstelligen Bereich deutlich zu steigern. Franziska Cusumano, die als Leiterin für Spezialfahrzeuge das Ruder übernommen hat, sieht das Unternehmen gut aufgestellt, um von den aktuellen geopolitischen Entwicklungen und einer gestiegenen Nachfrage nach modernem Wehrmaterial zu profitieren. Alternative Antriebe bleiben bei spezialisierten Einsatzfahrzeugen vorerst schwierig umzusetzen; deshalb konzentriert sich Daimler Truck zunächst auf praxistaugliche Lösungen – und setzt in Frankfurt mit batterieelektrischen Müllwagen ein erstes sichtbares Zeichen.
Zusätzliche Recherche: Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat nicht nur den Rüstungsmarkt insgesamt transformiert, sondern treibt bei deutschen Konzernen wie Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann und auch Daimler Truck die Entwicklung neuer, flexibler Verteidigungslösungen voran. Besonders gefragt sind Logistik- und Radfahrzeuge, deren Mobilität und Zuverlässigkeit in möglichen Krisenszenarien essenziell sind. Parallel dazu sieht sich die Branche wachsendem öffentlichen Druck gegenüber, den ökologischen Wandel nicht aus den Augen zu verlieren, was insbesondere bei emissionsfreien Sonderfahrzeugen zu Innovationsdruck führt; hier experimentieren Hersteller sowohl mit Wasserstoff als auch mit neuen Batteriekonzepten – vorerst aber mit eher gemischtem Erfolg.