Manchmal fragt man sich ja: Reicht der sprichwörtliche „German Mittelstand” noch, wenn die Großen ihr Geld woanders parken? Laut einer Studie von Simon Kucher, die 240 Manager aus Basis-Chemie, Stahl, Glas und Zement befragte, ist das mehr als eine rhetorische Frage. In Deutschland überlegen nicht wenige Unternehmen, ihre Produktionskapazitäten gen Übersee zu schieben – und einige tun es schlicht, offenbar aus Mangel an Optimismus in die hiesigen Rahmenbedingungen. Konkret: 31 Prozent der Befragten verlegen neue Fertigung tatsächlich außerhalb Europas, 42 Prozent setzen auf Nachbarländer oder bleiben mit Neuinvestitionen erst mal zögerlich. Ein Brancheninsider lässt bei so etwas die nüchterne Fassade fallen: 'Die Anlagen stehen vielerorts halb leer, das Ende scheint für einige Standorte näher als gedacht', sagt Christof Günther von Infraleuna. Rechtsberaterin Yvonne Hanke bringt es trocken auf den Punkt: Die Überlegungen, im Ausland zu investieren, sind längst keine bloßen Gedankenspiele mehr – sie werden umgesetzt. Fragt man sich, wie lange es dauert, bis das auch in der Öffentlichkeit richtig ankommt.
Die Ergebnisse der Simon-Kucher-Befragung spiegeln die wachsende Unsicherheit in der deutschen Industrie wider, insbesondere bei Unternehmen mit hohem Energiebedarf. Neben den genannten Branchen bestätigen Medienberichte, dass steigende Energiekosten, komplexe Bürokratie und das als unklar empfundene politische Klima zu dieser Zurückhaltung beitragen. Erst vergangene Woche warnte etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie vor den Folgen einer schleichenden Deindustrialisierung; Expertinnen wie Yvonne Hanke sagen offen, dass die Schwelle zu konkreten Auslandsinvestitionen überschritten wurde. Die Lage ist so ernst, dass Politiker, Wirtschaftsverbände und selbst Gewerkschaften nun Alarm schlagen – sie fordern schnellere Genehmigungen, günstigeren Strom und klarere politische Signale. Gleichzeitig gibt es Stimmen, die davor warnen, in Panik zu verfallen: Einige Unternehmen investieren durchaus noch in Deutschland – allerdings vorwiegend, wenn staatliche Unterstützung winkt oder innovative Technologien im Spiel sind.