Ein bisschen überraschend, aber vielleicht doch ganz typisch deutsch: Als Sebastian Hille, der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, gefragt wird, ob noch gilt, was Angela Merkel 2008 in der Knesset formulierte – dass Israels Sicherheit Teil deutscher Staatsräson sei – weicht er aus. Statt sich klar zum gewohnten Begriff zu bekennen, verweist Hille auf Aussagen von Kanzler Scholz bei dessen Israelbesuch am vergangenen Wochenende. Dort sprach Scholz zwar davon, dass Deutschlands Unterstützung für Israels Existenz und Sicherheit zum 'unveränderlichen Wesenskern' der Beziehungen gehört. Diese Formulierung taucht übrigens auch im Gästebuch von Yad Vashem auf, geschrieben von Scholz selbst. Die altbekannte, gewichtige Vokabel 'Staatsräson' bleibt derweil auffallend unerwähnt. Warum diese Veränderung? Vielleicht schwankt die deutsche Politik aktuell zwischen historischen Verpflichtungen und aktuellen Dilemmata im Blick auf Israels Handeln. Oder ist es schlicht Sprachkosmetik in unübersichtlichen Zeiten? Das bleibt – fast ein wenig typisch – offen.
Bisher galt die Chiffre der deutschen Staatsräson als Selbstverpflichtung der Bundesregierung gegenüber Israel, eingeführt von Angela Merkel im Jahr 2008. Aktuell aber scheint Bundeskanzler Olaf Scholz diese Formulierung bewusst zu meiden und spricht stattdessen vom 'Wesenskern' der Beziehung zu Israel, was auf diplomatisch vorsichtige Distanz zu deuten ist. Deutsche Medien deuten dies als mögliches Zeichen einer Neuausrichtung der deutschen Nahostpolitik angesichts der jüngsten Entwicklungen und Kontroversen rund um Israels Politik, insbesondere im Kontext des Gaza-Krieges und internationaler Kritik an Israels Vorgehen; zudem wird aus Regierungskreisen argumentiert, dass solche Begriffswahl innen- wie außenpolitisch bewusst gewählt ist, um Flexibilität im Umgang mit schwierigen Situationen zu bewahren und gleichzeitig historische Verantwortung nicht aufzugeben.