Eigentlich ist es fast schon ein täglicher Kraftakt: Einzelhändler in ganz Deutschland ringen momentan nicht nur um Laufkundschaft, sondern mitunter schlicht darum, den nächsten Monat zu überstehen. Alexander von Preen, Chef des Handelsverbands Deutschland (HDE), drückt es ziemlich drastisch aus: Gerade für Inhaber geführte oder familienbetriebene Geschäfte sei die Lage existenzbedrohend. 'Da geht es jetzt ans Eingemachte', sagt er, und man spürt beinahe, wie viel Frust und Sorge da mitschwingt.
Die reinen Zahlen wirken wie ein Schlag ins Gesicht: Nur elf Prozent des Umsatzes im Einzelhandel entfallen inzwischen auf nicht-filialisierte Unternehmen. Noch vor eineinhalb Jahrzehnten waren es doppelt so viele. Egal, ob Modeetage, Eisenwaren oder Lebensmittelladen – das große Aussterben trifft alle Bereiche. Fühlt sich fast so an, als ob unsere Innenstädte schleichend farbloser werden, und das bunte Viertel von damals – Sie wissen schon, die kleinen originellen Läden mit so schrägen Ideen, dass man eigentlich nie das bekam, was man wollte, aber immer irgendwas, was man nicht erwartet hatte – mehr und mehr verschwindet.
Hauptgründe? Steigende Kosten für Personal, Energie, Mieten und eine allgemeine Geiz-ist-geil-Mentalität, meint von Preen. Die Leute jagen rabatten hinterher, jammern aber, wenn die letzte Buchhandlung des Viertels zumacht. Da steckt schon irgendwo ein Widerspruch. Denn kleine Läden müssen ein klein wenig teurer sein, um zu überleben und in sich selbst investieren zu können – das fällt aber immer schwerer.
Auffällig: Auch die großen Ketten tun sich mit Investitionen schwer. Im vergangenen Jahr pumpte die Branche insgesamt rund 20 Milliarden Euro in Dinge wie Ladenbau, Digitales oder auch gesellschaftliche Projekte – eigentlich nicht wenig, aber laut HDE-Chef wäre mindestens das Doppelte nötig, um wirklich zukunftsfest zu bleiben. 'Die Voraussetzungen stimmen derzeit einfach nicht', so von Preen. Macht man so weiter, steht der Einzelhandel bald vor gähnender Leere. Und mal ehrlich: Wer will schon in Städten bummeln, die sich anfühlen wie ein Flughafen-Terminal?
Deutschlands Einzelhandel befindet sich in einer tiefen Krise, die besonders kleine und unabhängige Geschäfte an ihre Belastungsgrenze bringt. Zentrale Ursachen sind die rasant gestiegenen Kosten für Energie, Personal und Mieten, eine abnehmende Kundenfrequenz in den Innenstädten sowie die starke Ausrichtung der Verbraucher auf Rabatte – was es kleinen Läden praktisch unmöglich macht, kostendeckend und zukunftssicher zu wirtschaften. Nach aktuellem Stand machen individuelle, nicht-filialisierte Einzelhändler nur noch elf Prozent des Umsatzes aus, während es vor 15 Jahren noch rund 22 Prozent waren; auch Investitionen auf Branchenseite bleiben deutlich hinter dem Erforderlichen zurück, was langfristig nicht nur zur Pleitewelle, sondern auch zu einer funktionellen und kulturellen Verödung vieler Innenstädte führen könnte.
In den vergangenen Tagen berichteten verschiedene Medien erneut über dieses Phänomen: Laut der "Süddeutschen Zeitung" geraten derzeit besonders inhabergeführte Lebensmittelgeschäfte unter immensen Druck, weil die Kostenspirale und der Preiskampf die Margen auffressen. Ein Beitrag bei "Der Spiegel" hebt hervor, dass in manchen deutschen Mittelstädten bereits jede fünfte Ladenfläche leer steht und vielerorts eine Rückbesinnung auf lokale Konzepte wie Wochenmärkte sowie neue Pop-up-Formate als Lösungsansatz diskutiert wird. "Zeit Online" unterstreicht, wie auch größere Handelsketten zunehmend unter Renditedruck geraten und sich mit neuen digitalen Verkaufs- und Erlebnisformaten gegen die Welle der Verödung stemmen – bislang mit durchwachsenem Erfolg.