Stellen Sie sich vor: Brüssel zieht die Zügel an und halbiert kurzerhand den Rahmen zollfreier Stahlimporte, schraubt die Zölle gleichzeitig ordentlich nach oben. Den Berechnungen der Boston Consulting Group nach, von denen der „Spiegel“ berichtet, hätte das eine bemerkenswerte Wirkung – zumindest aus Sicht der europäischen Stahlhersteller. Beispielsweise beim warmgewalzten Bandstahl, der nicht nur für Autobauer, sondern ebenso für diverse Industriezweige der Pulsschlag ist, würde die Werksauslastung in Europa von schlappen 72 auf satte 85 Prozent springen. Und bei verzinktem Blech, was vor allem in den Fabrikhallen der Automobilkonzerne verarbeitet wird, könnten die Maschinen sogar bis zu 90 Prozent ihrer Kapazität ausgelastet werden – ein Sprungbrett zurück in die Gewinnzone, denn alles über 80 Prozent gilt in der Branche als goldener Grenzwert für schwarze Zahlen.
Allerdings: Nicht jeder jubelt. Die Angst vor steigenden Preisen schleicht bereits durch die Flure zahlreicher weiterverarbeitender Betriebe – besonders die Automobilindustrie hält den Atem an. Trotzdem neigen die Verantwortlichen in Berlin dazu, Brüssels Vorstoß gutzuheißen, denn Stahl ist als Grundstoff auch für Rüstung ein strategischer Eckstein. Aber Moment: So ganz klar ist die Linie noch nicht. Zumindest wollen die Fachleute im Kanzleramt zuerst haarklein abwägen, welche Rückwirkungen den Abnehmern tatsächlich drohen, bevor man dem EU-Planspiel offiziell den Daumen hoch gibt. Ganz ehrlich: Gar nicht so einfach, das große Ganze abzuschätzen.
Die angekündigten EU-Stahlzölle könnten den Rückhalt für europäische und insbesondere deutsche Stahlwerke stärken. Die BCG-Prognose sieht nicht nur steigende Auslastung und damit bessere Gewinnchancen, sondern eine potenzielle Verdrängung internationaler Konkurrenz vom europäischen Markt. Zugleich sind die Sorgen vor höheren Preisen vor allem bei deutschen Autoherstellern präsent, die ohnehin unter Wettbewerbsdruck und anhaltenden Transformationen stehen. Neuere Berichte etwa in der FAZ und der SZ bestätigen, dass die Diskussion um die Stahlzölle in den letzten Tagen Fahrt aufgenommen hat: Politiker und Wirtschaftsverbände debattieren die Gratwanderung zwischen Industrieprotektionismus und Preissteigerungen, zumal mit der globalen Marktlage – etwa Überkapazitäten aus China – zusätzliche Unsicherheiten bestehen (vgl. aktuelle Berichte der deutschen Leitmedien). Interessant: In China werden bereits Gegenmaßnahmen diskutiert, was zu neuen Spannungen im Welthandel führen könnte. Gleichzeitig mehren sich Stimmen aus der Industrie, die flexiblere Übergangsregelungen und eine bessere Koordination mit Klimaschutz-Initiativen fordern.