Familienunternehmer unter Druck: Historiker Rödder kritisiert Reaktionen nach AfD-Kontaktdiskussion

Andreas Rödder, Historiker sowie Ex-Leiter der CDU-Grundwertekommission, stellt sich gegen den öffentlichen Druck auf den Verband der Familienunternehmer im Streit um deren Umgang mit der AfD.

heute 09:48 Uhr | 15 mal gelesen

Interessant, wie sich manchmal eine Debatte entwickelt: Andreas Rödder, der sich als Historiker und konservativer Denker einen Namen gemacht hat, kann mit dem Druck auf den Verband der Familienunternehmer so gar nichts anfangen. Im Interview mit dem 'Spiegel' sprach er von typischen, 'links-grünen Empörungsreflexen' und nannte das Verhalten vieler wirtschaftlicher Führungsfiguren schlicht opportunistisch. Nach Rödders Überzeugung sollte es eigentlich demokratischer Alltag sein, dass Verbände auch Politiker der größten Oppositionspartei zu Gesprächen einladen – es sei absurd, diese einfach pauschal auszuschließen. Doch von Ruhe keine Spur: Just vergangene Woche hatte der Verband der Familienunternehmer verkündet, künftig wieder mit AfD-Politikern zu reden – nur um kurz darauf nach einem Sturm der Entrüstung zurückzurudern. Die Entscheidung revidierte Marie-Christine Ostermann wieder, die obendrein als Beirätin bei Republik21 aktiv ist, einem konservativen Thinktank unter Rödders Leitung. Da wundert es fast nicht, dass die Politik auf den Plan tritt: Grünen- und Linken-Abgeordnete wetterten erneut gegen die staatlichen Zuschüsse für R21. Vor allem die Millionenförderung, die Unionsfraktionschef Spahn durchgesetzt hat, stößt den Kritikern sauer auf: Laut Grünenfraktionsvize Andreas Audretsch fördere das gezielt eine Annäherung zwischen Union und AfD. Die Linken stimmen ein und werfen R21 gar vor, die Normalisierung autoritärer Kräfte voranzutreiben – und das auch noch auf Steuerzahler-Kosten. Faktisch ist die finanzielle Unterstützung für R21 fest im Bundeshaushalt eingeplant. Auch wenn der Verein laut eigener Aussage auf die aktuelle Förderung verzichten will, stehen für die nächsten Jahre jährlich bis zu 500.000 Euro an Projektmitteln in Aussicht. Besonders pikant: Die Gelder kamen dank Unions-Initiative und mit Hilfe der Regierungsparteien zustande.

Im Zentrum dieser aufgeheizten Debatte stehen Fragen zur politischen Normalität und zu den Grenzen des Dialogs mit rechtspopulistischen Kräften. Rödder pocht dabei auf demokratische Standards und widerspricht vehement einer undifferenzierten Ausgrenzung, während Gegner warnen, dass so demokratiefeindliche Tendenzen salonfähig werden könnten. Die politische Förderung von Republik21 wird zum Streitfall, nicht zuletzt, weil die Denkfabrik wegen ihrer Nähe zur Union als potentielle Schnittstelle für Gespräche zwischen Union und AfD interpretiert wird – und der Vorwurf im Raum steht, Steuergelder würden indirekt beiträgt, diese Brücke zu schlagen. Zuletzt hat sich die Diskussion auch rund um die Unabhängigkeit der politischen Stiftungen und deren Verantwortung gegenüber einer pluralistischen Gesellschaft zugespitzt (siehe hierzu auch aktuelle Beiträge auf taz.de und zeit.de). Weitere neue Aspekte zum Thema: Nach aktuellen Medienberichten spaltet die Entscheidung der Familienunternehmer, Kontakte zur AfD zuzulassen oder zu untersagen, weiterhin die deutsche Wirtschaft und sorgt insbesondere im Mittelstand für Unsicherheit. Die Debatte bekommt auch durch neue Recherchen rund um Parteispenden und Einflussnahme von Lobbygruppen weitere Brisanz, die noch nicht abschließend bewertet ist. Nicht nur der Umgang der Unionsparteien, sondern auch das Verhalten der Ampel-Regierung bei der Förderung parteinaher Thinktanks rücken in den Fokus kritischer Öffentlichkeit.

Schlagwort aus diesem Artikel