Studie zeigt: Viele Bürgergeld-Empfänger ohne aktive Arbeitssuche

Mehr als jeder zweite Bürgergeld-Beziehende in Deutschland ist momentan nicht aktiv auf Jobsuche – das wirft Fragen auf.

heute 10:02 Uhr | 10 mal gelesen

Das Ergebnis einer neuen Untersuchung, die von der Bertelsmann-Stiftung an diesem Donnerstag herausgegeben wurde, ist auf den ersten Blick ernüchternd: Obwohl etwa 1,8 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos sind und Bürgergeld erhalten, gaben mehr als die Hälfte in den vergangenen vier Wochen keine eigene Jobsuche an. Genaue Zahlen: 57 Prozent der Befragten sagten, sie hätten sich zuletzt nicht aktiv um einen Arbeitsplatz bemüht. Von denen, die tatsächlich suchen, stecken nur 26 Prozent bis zu neun Stunden pro Woche in ihre Bemühungen; ein ziemlich kleiner Teil, lediglich 6 Prozent, investiert mehr als 20 Stunden jede Woche. Überraschenderweise hat beinahe jede oder jeder Zweite (genau: 43 Prozent) nach eigenen Angaben noch nie ein Jobangebot vom Jobcenter bekommen. Hintergründe für die geringe Aktivität sind vielfältig und ehrlich gesagt ziemlich nüchtern. Am häufigsten wurden gesundheitliche Probleme genannt – psychische oder chronische Erkrankungen, die laut eigener Aussage für 45 Prozent der befragten Bürgergeld-Empfänger Hürde Nummer eins sind. Noch deutlicher wird es bei jenen, die gar nicht suchen: In dieser Gruppe sehen sich sogar 74 Prozent durch gesundheitliche Gründe quasi ausgebremst. Daneben gibt es auch andere, weniger offensichtliche Motive. Fast die Hälfte (49 Prozent) meint, es fehle schlicht an passenden Stellen. Ein weiteres Viertel ist davon überzeugt, dass sich ihre finanzielle Situation durch eine Aufnahme von Arbeit ohnehin nicht verbessern würde. 22 Prozent sind familiär eingespannt – sei es durch die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Interessant: 11 Prozent schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch. Alles in allem entsteht das Bild einer sehr heterogenen Gruppe, für die eine schlichte Unterstellung der „Faulheit“ zu kurz greift – auch wenn diese Debatte wohl noch eine Weile weiterköchelt.

Die Ergebnisse der Studie zeichnen ein komplexes Bild der Lebenssituation vieler Bürgergeld-Empfänger. Neben gesundheitlichen Einschränkungen spielen auch die mangelnde Verfügbarkeit passender Jobs und unattraktive finanzielle Perspektiven eine große Rolle. Familien- und Betreuungsaufgaben sowie die geringe Unterstützung durch das Jobcenter erschweren vielen die Jobsuche zusätzlich. Interessanterweise zeigt ein Blick auf aktuelle Berichterstattung: Die Diskussion um das Bürgergeld ist in Deutschland weiterhin emotional aufgeladen, insbesondere da die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert und politische Forderungen nach einer Reform lauter werden. Dabei gibt es auch Berichte über Pilotprojekte mit neuen Ansätzen zur beruflichen Integration und bessere psychische Unterstützung sowie Initiativen, die gezielt Alleinerziehende oder pflegende Angehörige unterstützen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Fakt bleibt: Viele Reformideen stehen weiterhin in der politischen Warteschleife, während der Alltag vieler Betroffener von Unsicherheiten geprägt ist.

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