Ferda Ataman: Mehr Zeit für Diskriminierte – Beschwerdefrist soll auf ein Jahr steigen

Ferda Ataman, Chefin der deutschen Antidiskriminierungsstelle, fordert ein ganzes Jahr statt nur zwei Monate Zeit für Betroffene, um Beschwerden wegen Diskriminierung einzureichen.

heute 00:02 Uhr | 16 mal gelesen

Es gibt Situationen, da bleibt einem erstmal die Sprache weg – gerade, wenn Diskriminierung im Spiel ist. Ferda Ataman, die oberste Antidiskriminierungsbeauftragte, spricht sich deutlich dafür aus, die aktuelle – geradezu gnadenlos kurze – Zweimonatsfrist im deutschen AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) auf zumindest zwölf Monate auszudehnen. "Niemand, der diskriminiert wird, kann oder sollte unter Druck sofort juristische Schritte abwägen müssen", sagt Ataman. Ihr Vergleich: In vielen europäischen Staaten können Betroffene deutlich länger reagieren, teils bis zu fünf Jahre – nur hierzulande zählt plötzlich jeder Tag. Dadurch würden gerade Konflikte mit Arbeitgebern verschärft, weil viele vorschnell zum Gang vors Gericht gedrängt werden, statt etwa auf eine außergerichtliche Einigung zu setzen. Als besonders eklatantes Beispiel nimmt sie sexuelle Belästigung. Während für Unfälle drei Jahre Frist gelten, muss bei Diskriminierung alles innerhalb zweier Monate erledigt werden – eine Schieflage, die Ataman nicht hinnehmen will. Versäumt man die Frist, war's das tatsächlich: kein Anspruch mehr, egal wie heftig die Diskriminierung war. Betroffen sind dabei vor allem Arbeitsverhältnisse sowie die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, nicht das staatliche Handeln – eine Lücke, die auch mal hinterfragt werden sollte, finde ich.

Die Diskussion um eine Verlängerung der Fristen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz kommt nicht von ungefähr: Viele Betroffene fühlen sich überrumpelt, sobald sie plötzlich ihre Ansprüche innerhalb von nur zwei Monaten anmelden müssen, was in emotional belastenden Situationen schlicht oft unmöglich ist. Zahlen und Beispiele aus Nachbarländern zeigen: Deutschland hinkt teils hinterher, was den Opferschutz betrifft – dort gibt es teils mehrere Jahre zur Klärung und Aufarbeitung. Die Frage, ob das AGG an die Lebenswirklichkeit angepasst werden muss, beschäftigt mittlerweile auch rechtspolitische Kreise, während Arbeitgeberseite und Teile der Politik eine sorgsame Abwägung fordern. Eine Recherche der Süddeutschen Zeitung zeigt, dass Atamans Forderungen längst in Gesetzesvorschlägen diskutiert werden, aber auch Bedenken existieren, wie die Rechtsunsicherheit für Unternehmen vermieden werden kann (Quelle: Süddeutsche Zeitung). Laut der Zeit analysiert das Portal, dass Deutschland insbesondere beim Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben weiter Nachholbedarf hat – nicht nur wegen der Fristen, sondern auch wegen mangelnder Unterstützungsangebote (Quelle: Die Zeit). Aktuelle Berichte der Deutschen Welle unterstreichen zudem, dass gerade Migranten häufig große Hürden bei der Durchsetzung ihrer Rechte empfinden, wobei die kurze Frist als besonders abschreckend empfunden wird (Quelle: DW).

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