„Es ist eine Chance, mit all dem Geschehenen in unserer Partei anders umzugehen, als einfach nur zu schweigen“, meint Gelbhaar im Gespräch mit dem 'Stern'. Am kommenden Samstag stellen die Grünen in Berlin-Pankow ihre Direktkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl 2026 auf. Für den Wahlkreis 6 in Prenzlauer Berg-West bewirbt sich Gelbhaar – nicht ohne Widerstände und eigenen Ballast aus der Vergangenheit. Der frühere Landesvorsitzende räumt ein, dass die letzten Monate Spuren bei ihm und der Partei hinterlassen hätten. Dennoch: Gelbhaar will es nochmal wissen. "Ich mache gerne Politik, habe mich in Fragen wie dem Deutschlandticket engagiert. Und seien wir ehrlich: Stimmen aus Ostdeutschland sind bei den Grünen recht selten. Intrigenspiele sollten keinen Sieg davontragen." Noch vor der Bundestagswahl gab es gegen ihn schwere Vorwürfe: parteiintern und über die Medien wurde über übergriffiges Verhalten berichtet – bis hin zu gefälschten Beweisen und Vorwürfen, die letztlich nicht haltbar waren. Er verzichtete damals auf die Kandidatur. Eine unabhängige Prüfung zeigte: Die Grünen selbst gingen mit der Affäre alles andere als glücklich um. Zwar gab es mehrere Frauen, die sich unwohl in Gelbhaars Nähe gefühlt hatten, jedoch keine strafbaren Handlungen. Heute betont Gelbhaar, er habe daraus gelernt und seine Kommunikation überarbeitet: "Mir ist bewusst geworden, wie schnell Missverständnisse entstehen. Jetzt bemühe ich mich um Klarheit und Rücksicht – auch in stressigen politischen Situationen."
Stefan Gelbhaar will nach einer schwierigen und von Vorwürfen überschatteten Zeit zurück in die Berliner Politik. Trotz harter interner und öffentlicher Kritik sieht er seine Chance, in seinem alten Kiez für die Grünen wieder anzutreten – nicht zuletzt, um Parteiwunden anzugehen und aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Im größeren Kontext markiert Gelbhaars Comeback auch das Ringen der Grünen mit den eigenen Methoden zum Umgang mit internen Skandalen, einem Verhältnis zu Ostdeutschland sowie der Frage, wie Transparenz und Selbstkritik politische Kultur prägen.
Aktuelle Recherchen zeigen, dass das Thema politische Transparenz und der Umgang mit Fehlverhalten derzeit viele Parteien in Deutschland beschäftigt, immer wieder auch befeuert von Forderungen nach klareren Regelungen und unabhängigen Untersuchungen (siehe z. B. Quelle: ZEIT Online). Parallel dazu beobachten Medien, dass innerparteiliche Grabenkämpfe sowohl personelle Erneuerungen als auch das Auftreten nach außen erschweren, was gerade in Wahlkampfzeiten zu kämpfen macht (Quelle: Süddeutsche Zeitung). Gleichzeitig bekommen Ostdeutschland und seine Vertreter in Bundesparteien endlich mehr Aufmerksamkeit, wenn auch die Umsetzung vielfältig ausfällt (Quelle: Der Spiegel).