Gewerkschaften fordern Arbeitgeber zum Handeln bei steigenden Krankmeldungen auf

Angesichts wachsender Krankheitsfälle ruft der Deutsche Gewerkschaftsbund die Unternehmen auf, bessere Schutzmaßnahmen für ihre Beschäftigten durchzusetzen.

vor 48 Minuten | 19 mal gelesen

Ehrlich gesagt ist es fast schon alarmierend, mit welcher Selbstverständlichkeit über krankheitsbedingte Arbeitsausfälle hinweggegangen wird. Anja Piel, Mitglied des DGB-Bundesvorstands, bringt es ziemlich deutlich auf den Punkt: Psychische Erkrankungen und Beschwerden am Bewegungsapparat – also Rückenschmerzen, Verspannungen, all das – nehmen spürbar zu. Natürlich könnte man denken, das sei eben der Lauf der Dinge, aber Piel sieht die Arbeitgeber klar in der Verantwortung, stärker gegenzusteuern: weniger Stress, konkret vorbeugende Maßnahmen, einfach mehr Einsatz für die Menschen im Job. Interessanterweise berichten laut DGB-Befragungen fast zwei Drittel der Arbeitnehmer, trotzdem krank zur Arbeit zu kommen. Das passiert, obwohl erwiesen ist, dass die daraus folgenden Folgekosten im Betrieb ordentlich zu Buche schlagen – sie sind sogar etwa doppelt so hoch wie die der krankheitsbedingten Ausfälle selbst. Das ist schon paradox. Dass in diesem Herbst der Krankenstand auffällig hoch ist, schiebt Piel teils auf die neue elektronische Krankmeldung: Sie registriert eben jedes einzelne Attest. Aus anderer Ecke kommt Kritik an der vermeintlichen Bequemlichkeit: Gitta Connemann von der Mittelstands- und Wirtschaftsunion sieht vor allem die „zu niedrigen Hürden“ bei Krankmeldungen kritisch. Früher, in der Pandemie, sei das mit der Telefonkrankschreibung noch sinnvoll gewesen – heute gäbe es die Videosprechstunde als fortschrittlichere Lösung. Sie fordert, dass das Ganze bitte bald wieder auf einer „soliden Basis“ fußt. Ich frage mich da – klar ist die Technik hilfreich, aber geht es nicht vor allem um das Arbeitsklima selber?

Der DGB hat erstmals explizit dafür plädiert, dass Arbeitgeber nicht nur reagieren, sondern aktiv zur Gesundheit ihrer Belegschaft beitragen – besonders angesichts der seit Monaten anhaltend hohen Zahlen von Krankschreibungen wegen psychischer und orthopädischer Beschwerden. Laut aktuellen DAK-Zahlen verweilen 2024 etwa 5,6 Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben (Quelle: Spiegel), der höchste Wert seit 25 Jahren. Das Problem verschärft sich durch immer mehr Präsentismus, also das Phänomen, dass Mitarbeitende trotz Krankheit am Arbeitsplatz erscheinen, was nicht nur die eigene Genesung bremst, sondern auch Kosten und Risiken für alle steigert. Verschärft wird die Debatte durch die Einführung der elektronischen Krankschreibung – sie sorgt erstmals für wirklich vollständige Erfassung, was auch statistisch zu mehr Krankmeldungen führt. Allerdings gibt es auch Stimmen wie die von Gitta Connemann, die fordern, nach der pandemiebedingten Phase mit lockeren Regelungen strengere Anforderungen an Krankmeldungen zurückzubringen und die Videosprechstunde weiter auszubauen. Verschiedene Medien, wie taz und Zeit, ordnen diese Forderungen in einen größeren Kontext von Arbeitsverdichtung, Digitalisierung und Strukturveränderungen in der Arbeitswelt ein.

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