Grüne befürchten Benachteiligung psychisch Kranker durch Bürgergeld-Reform

Die Bürgergeld-Pläne der Regierung erhitzen die Gemüter – besonders bei den Grünen.

heute 16:00 Uhr | 20 mal gelesen

Kirsten Kappert-Gonther, im Bundestagsausschuss für Gesundheit die Stimme der Grünen, äußerte im Interview mit dem 'Spiegel' scharfe Bedenken gegen die geplanten Gesetzesänderungen rund ums Bürgergeld. Ihre Sorge ist, dass gerade Menschen mit psychischen Erkrankungen die härteren Regeln am empfindlichsten zu spüren bekommen werden. Im neuen Reformentwurf, der aus dem Haus der Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) stammt, steht beispielsweise: Wer dreimal ohne stichhaltigen Grund Betreuungs-Termine im Jobcenter nicht wahrnimmt, muss Kürzungen hinnehmen – selbst dann, wenn eine psychische Störung vorliegt. Zusätzlich sollen Jobcenter-Mitarbeitende mit Hausbesuchen mehr Kontrolle ausüben können. Kappert-Gonther hält diese Schwelle für zu hoch: "Für viele Betroffene, die etwa mit Depressionen, Angstattacken oder Sucht zu kämpfen haben, bedeutet das einen zusätzlichen, zu großen Druck." Jobcenter seien für Krankheitsdiagnosen ohnehin nicht ausgebildet, das sei Sache von Medizinern. Ihrer Ansicht nach führen Sanktionen für psychisch Kranke eher dazu, dass sich deren Lage verschärft – statt zu helfen.

Was hier auffällt: Die Grünen machen mobil gegen die Verschärfungen des Bürgergelds, die im aktuellen Gesetzentwurf verankert sind. Psychisch erkrankte Menschen könnten von den neuen Sanktionsmöglichkeiten - etwa Leistungskürzungen wegen versäumter Termine im Jobcenter – besonders hart getroffen werden, meint Kappert-Gonther. Sie verweist darauf, dass die Gründe für solche Versäumnisse oft in der Krankheit selbst liegen, weshalb Jobcenter nicht in die Rolle von Diagnose-Instanzen gedrängt werden dürften. Auch Sozialverbände wie der Paritätische Wohlfahrtsverband warnen seit Tagen davor, dass die Reform vulnerable Gruppen zusätzlich ins Abseits stellt. Kürzlich gab es dazu Proteste und offene Briefe verschiedener Experten an die Regierung. Weiteren Nachdruck erhalten die Grünen von Psychotherapeutenverbänden, die fordern, Sanktionsmechanismen in der Grundsicherung abzuschaffen, weil sie Heilungsverläufe massiv behindern. Laut Medienberichten plant die Bundesregierung, künftig verstärkt auf Kontrolle und Eigenverantwortung der Leistungsbezieher zu setzen – dieser Kurs ist umstritten und steht auch im Kreuzfeuer der öffentlichen Diskussion.

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