Wer einmal im Herbst durch Verona schlendert oder an der Oder einen Espresso trinkt, der ahnt vielleicht schon, wie lebendig die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien wirklich sind. Steinmeier stellte in seiner Ansprache genau dies ins Zentrum: Mehr als 400 Städtepartnerschaften, oft klein angefangen, aber mitunter zu echten Motoren für Austausch und irgendwie auch für Verständnis geworden. Mir fiel beim Lesen auf, wie stark die Dimension der persönlichen Geschichten betont wurde – besonders das deutsch-italienische Anwerbeabkommen von 1955, das überraschend viele Lebenswege quer durch Europa beeinflusste. Es klingt wie ein Nebensatz der Geschichte, ist aber doch für viele Familien zentral gewesen: Integration, Gastfreundschaft und – nicht zu vergessen – auch schwierige Phasen wie Vorurteile gegenüber Einwanderern. Steinmeier, der selten emotional wird, sprach das explizit an: Dankbarkeit sei angebracht, Respekt sowieso.
Irritierenderweise wich er dem Thema der Verbrechen des Nationalsozialismus nicht aus – sondern betonte die Verantwortung, diese Kapitel nicht zu verschweigen. Und genau hier schließt sich der Kreis zu den geehrten Projekten, die sich dafür einsetzen, Geschichte lebendig und Gegenwart offen zu halten. Austausch von Jugendlichen, Kunsterhalt, Begegnungen: Das klingt vielleicht nach Sonntagsrede, ist aber in Zeiten, in denen Nationalismus wieder lauter wird, wirklich nicht selbstverständlich. Wer sich die Mühe macht, genauer hinzusehen, erkennt zwischen diesen Zeilen: Europas Zukunft liegt nicht nur in Verträgen, sondern in einer millionenfach gelebten Partnerschaft.
Steinmeiers Rede macht deutlich, dass die deutsch-italienische Freundschaft weit mehr ist als bloße Diplomatie auf dem Papier. Vielmehr geht es um gelebte Geschichte, geteilte Herausforderungen und die gemeinsamen Anstrengungen, ein vereintes Europa zu formen – auch, indem man sich der Schatten der Vergangenheit stellt. Nach aktuellen Presseberichten diskutieren Städte und zivilgesellschaftliche Initiativen zunehmend, wie der Austausch zwischen den Generationen vertieft und auch die Erinnerung an dunkle Zeiten gemeinsam getragen werden kann. Neu hinzugekommen ist die Debatte um jugendliche Partizipation in den Partnerschaften sowie die Forderung nach neuen Bildungs- und Kulturinitiativen, nachdem etliche Regionen und Kommunen durch die Pandemie Schwierigkeiten hatten, den Kontakt aufrechtzuerhalten.