Juristen kritisieren AfD-Forderung zu Abschiebungen als verfassungswidrig

Der Vorstoß des AfD-Fraktionschefs in Mecklenburg-Vorpommern, Nikolaus Kramer, zur Abschiebung straffälliger Doppelstaatler wird von Rechtsexperten klar als unvereinbar mit der Verfassung zurückgewiesen.

26.08.25 16:44 Uhr | 4 mal gelesen

Laut Markus Ogorek, Professor für Öffentliches Recht an der Universität zu Köln, widerspricht die Forderung, straffällige Mehrstaatler konsequent abzuschieben, den Prinzipien des Grundgesetzes. Auch Volker Boehme-Neßler, Professor an der Universität Oldenburg, hält Kramers Vorschlag für klar verfassungswidrig. Die Debatte entbrannte nach der Tötung eines Polizisten durch einen Deutsch-Türken, woraufhin Kramer argumentierte, dass Täter mit doppelter Staatsbürgerschaft ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland verwirkt hätten und ohne Ausnahmen abgeschoben werden sollten. Später konkretisierte Kramer laut Medienanfrage, der Verlust der Staatsbürgerschaft sollte bei besonders schweren Straftaten gegen Polizisten oder Ordnungskräfte möglich sein. Staatsrechtler widersprechen auch dieser Relativierung entschieden, da eine solche Regelung zu einer zweitrangigen Staatsbürgerschaft führen und gegen die Gleichheit vor dem Gesetz verstoße. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Peter Michael Huber sieht im Grundsatz zwar Möglichkeiten für strengere Regeln bei Kapitalverbrechen, warnt jedoch davor, unbestimmte Delikte wie generelle Angriffe auf Sicherheitskräfte als Ausschlusskriterium zu nutzen.

Im Kern lehnen Experten den Vorschlag der AfD, straffälligen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen und abzuschieben, entschieden ab. Das Grundgesetz verbietet eine zweigeteilte Staatsbürgerschaft und schützt Bürger vor willkürlichem Entzug ihrer Rechte. Auch aktuelle Recherchen zeigen, dass nach ähnlich aufgeladenen Einzelereignissen oft politische Forderungen laut werden, in der Praxis jedoch die rechtlichen Hürden für einen Passentzug hoch sind. Im Juni 2024 berichteten mehrere Medien über eine Debatte rund um den Umgang mit Mehrstaatlern nach Straftaten; Experten betonen, dass jeder Entzug individueller Grundrechte hochjuristischen Ansprüchen genügen muss und Deutschland durch internationale Verträge wie die Europäische Menschenrechtskonvention verpflichtet ist, Staatenlose zu vermeiden. Nach Informationen aus neuen Online-Artikeln sorgt insbesondere die populistische Zuspitzung der Thematik für Kritik aus Politik und Wissenschaft, nicht zuletzt, weil sie gesellschaftliche Spannungen verschärfen kann.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

1. Die Süddeutsche Zeitung analysiert, dass die Diskussion um den Staatsbürgerschaftsentzug als Reaktion auf Gewalttaten gegen die Polizei erneut aufflammt und betont, dass rechtliche Grenzen in der Verfassung klar gezogen sind. Es wird darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung bereits 2019 durch Änderungen am Staatsangehörigkeitsgesetz vorsieht, IS-Kämpfern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, allerdings nur unter sehr engen Bedingungen, um Staatenlosigkeit zu verhindern. Grundsätzlich seien Forderungen nach Verschärfung häufig Symbolpolitik, die in der aktuellen Rechtslage kaum Bestand hätte. Quelle: Süddeutsche Zeitung

2. Die Zeit berichtet, dass nach der Gewalttat im Saarland viele Politiker härtere Maßnahmen gegen ausländische Straftäter fordern, Experten jedoch warnen, dass solche Debatten nicht zur tatsächlichen Kriminalitätsbekämpfung beitragen. Die Schwierigkeiten bei Abschiebungen, insbesondere in Hinblick auf den Schutz von Menschenrechten und internationale Vereinbarungen, werden dabei herausgestellt. Die Forderungen seien rechtlich kaum umsetzbar und könnten kontraproduktiv wirken, da sie Gruppen pauschal stigmatisierten. Quelle: Die Zeit

3. Der Spiegel beleuchtet die politische Debatte um Kramers Vorschlag im Kontext aktueller innenpolitischer Spannungen und hebt hervor, dass besonders Rechtsexperten deutlich machen, warum pauschale Maßnahmen gegen Mehrstaatler gegen die Verfassung verstoßen. Der Artikel verweist auf Stimmen aus anderen Parteien, die stattdessen auf Prävention und Integration setzen, und analysiert die Folgen der Zuspitzung für das politische Klima. Es wird konstatiert, dass populistische Vorstöße die Debatte über Sicherheit und Migration emotionalisieren, ohne konkrete rechtliche Lösungen bieten zu können. Quelle: Der Spiegel

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