„Humanitärer Schutz ist an Bedingungen geknüpft und eben kein Freifahrtschein für dauerhaftes Bleiberecht“, sagte Manuel Hagel, Top-Kandidat der CDU in Baden-Württemberg, ziemlich deutlich gegenüber t-online. Seiner Einschätzung nach sei der Bürgerkrieg in Syrien mittlerweile beendet – und genau deswegen müssten Abschiebungen, vor allem von Straftätern, wieder auf den Tisch. Auch Gerichte unterstützen seiner Meinung nach diese Sicht: Rückkehr nach Syrien könne im Einzelfall zumutbar sein. Er verweist auf geltende Gesetze und betont, dass jede Rückführung sorgfältig geprüft werden müsse. Hinter dem Ganzen sieht Hagel durchaus auch eine neue politische Linie, die im Koalitionsvertrag klar verankert und bereits von CSU-Mann Dobrindt angeschoben worden sei. Dort wird explizit angesprochen, dass Rückführungen nach Afghanistan und Syrien – vorrangig von Straftätern – wieder möglich sein sollen. Dobrindt sucht dazu Kontakte-insbesondere zu den Taliban. Außerdem wolle man in diesem Jahr mit Syrien eine Einigung erzielen. Hagel zieht einen historischen Vergleich: So wie die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Land wieder aufgebaut haben, sollte auch Syrien Hoffnung schöpfen – Engagement und Überlebenswille könnten Vorbild für den Wiederaufbau sein. Die Linkspolitikerin Cansu Özdemir wiederum verteidigt Wadephul und hält Gegenwind aus den eigenen Reihen für ungerechtfertigt. Sie unterstreicht, dass Syrien keineswegs sicher ist – und verweist sogar auf ein Bundestagsgutachten, das der Regierung schweres Versagen und anhaltende Gewalt attestiert. Abschiebungen in solche Umstände zu fordern, sei unverantwortlich und habe mit „wertebasierter Politik“ nichts zu tun. Sie wirft der Union Sündenbock-Politik und gefährliche Deals mit islamistischen Gruppen vor – und pocht auf einen klaren Abschiebestopp.
Der Streit zwischen CDU-Politiker Hagel und Außenminister Wadephul dreht sich im Kern um die Frage: Ist Syrien durch das Ende des Bürgerkriegs wieder sicher genug für Rückführungen? Während Hagel betont, dass der humanitäre Schutz zeitlich begrenzt sei und Rückführungen – zumindest für Straftäter – möglich und geboten seien, widerspricht Özdemir energisch: Aus ihrer Sicht bleibt Syrien ein riskantes Ziel, ein Bundestagsgutachten nennt sogar anhaltende Massaker durch staatliche Einheiten. Interessant hierbei: Laut FAZ wird heftig darüber debattiert, inwiefern die tatsächliche Sicherheitslage in Syrien überhaupt noch nachvollziehbar ist. Deutschlandweit melden sich Amnesty International und Pro Asyl zu Wort und warnen vor einer Abschiebung von Menschen in eine nach wie vor gefährliche Situation (aktuell FAZ und ZEIT). Die Bundesregierung ringt derzeit um die Linie, auch in Bezug auf Kontakte zu den Taliban und der politischen Handhabbarkeit von Rückführungsentscheidungen; dabei bleibt fraglich, wie gut die Lage einzuschätzen ist und wie groß der politische Druck wirklich ist. Zudem betonen viele Hilfsorganisationen, dass Rückkehrer nach Syrien nach wie vor Folter, willkürliche Verhaftungen und Perspektivlosigkeit drohen. Auch international gibt es kritische Stimmen – etwa vom UNHCR –, der ausdrücklich vor voreiligen Rückführungen warnt, solange sich die Sicherheitslage nicht grundlegend verbessert hat.