Kretschmer plädiert für Anpassung des Koalitionsvertrags

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer spricht sich deutlich dafür aus, den schwarz-roten Koalitionsvertrag an neue Entwicklungen anzupassen – und stellt sich dabei hinter den Vorstoß von Thorsten Frei aus der Union.

heute 13:12 Uhr | 26 mal gelesen

„Thorsten Frei trifft den Nagel auf den Kopf“, meint Kretschmer im Gespräch mit den Funke-Zeitungen. Kein Wunder eigentlich – gemessen an den aktuellen Wirren und Verschiebungen in Politik und Welt, wirkt so ein Koalitionsvertrag fast schon altmodisch. Corona, Energiepreise, all die Krisen und Wendepunkte: Wer will da behaupten, vor zwei Jahren hätte man schon alles im Blick gehabt? Kretschmer sieht jedenfalls die Wirtschaft im Mittelpunkt. Er pocht darauf, dass das Wachstum ganz vorne in der Prioritätenliste stehen muss. Ganz praktisch: Weniger teure Produktion, mehr Effizienz. Denn, so seine Überzeugung: „Ohne wirtschaftliche Dynamik kein funktionierender Sozialstaat.“ Interessant ist, wie unterschiedlich die Meinung selbst innerhalb der Koalition sind. Thorsten Frei hatte erst kürzlich angeregt, den Koalitionsvertrag neu zu verhandeln – offen und grundlegend. Die SPD allerdings hält dagegen: Dirk Wiese, Parlamentsgeschäftsführer der Sozialdemokraten, sagte im Kern, zunächst gelte es, die Versprechen einzulösen, bevor man über Bord wirft, was mühsam ausgehandelt wurde. Zwei Lager, ein Vertrag, aber offenbar ziemlich verschiedene Vorstellungen von Aktualität und Bestand.

Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen, unterstützt die Forderung von Thorsten Frei, den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD neu zu überdenken, weil sich politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen rasant verändern. Dabei legt Kretschmer besonderen Wert auf Wirtschaftswachstum als Basis für einen funktionierenden Sozialstaat; Produktionskosten sollten gesenkt und die Produktivität gesteigert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands abzusichern. Gleichzeitig setzt sich die SPD für eine Umsetzung der aktuellen Vereinbarungen ein und sieht keinen Grund für eine komplette Überarbeitung des Vertrags – was auf deutliche Spannungen innerhalb der Großen Koalition hindeutet. In den letzten Tagen ist die Diskussion um Koalitionsverträge angesichts gestiegener Inflation, wachsender Unsicherheit am Arbeitsmarkt sowie geopolitischer Umbrüche immer lauter geworden: Auch die jüngsten Haushaltsdebatten im Bundestag zeigen, wie schwierig gemeinsame Linien sind. Debatten um Industriestrompreise, Sparzwänge und neue Schulden prägen derzeit das politisch-wirtschaftliche Klima und werfen Fragen auf, ob die Fixierung auf vorherige Vereinbarungen noch zeitgemäß ist.

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