Mehr als 300 Vorfälle von organisiertem Betrug beim Bürgergeld – Dunkelziffer unklar

Zwischen Januar und September haben die Jobcenter in Deutschland 312 Fälle mutmaßlichen Bürgergeld-Betrugs durch Banden dokumentiert. Die Statistik wirft Fragen über das gesamte Ausmaß und die Mechanismen hinter den Betrugsfällen auf.

heute 00:02 Uhr | 35 mal gelesen

Die Bundesagentur für Arbeit hat Zahlen vorlegt, die einen spezifischen Aspekt der Bürgergeld-Problematik ins Rampenlicht rücken: In den ersten neun Monaten des Jahres wurden 312 Fälle als organisierter, also bandenmäßig durchgeführter Betrug gemeldet. Eigentlich ein recht überschaubarer Anteil im Vergleich zu den über fünf Millionen Menschen, die hierzulande Leistungen beziehen. Von diesen Betrugsfällen mündeten 161 in eine Strafanzeige, wobei Experten eine nicht unerhebliche Dunkelziffer vermuten – Schwarzlicht über viele Vorgänge eben. Im Vorjahr lag die Zahl mit 421 festgestellten Fällen sogar noch höher. Und man könnte ins Grübeln kommen: Was ist schlimmer – die Höhe des Schadens oder die Tatsache, dass die Datenlage keineswegs komplett ist? Von den etwa 400 Jobcentern in Deutschland meldeten lediglich die rund 300, die gemeinschaftlich von Bund und Kommunen betrieben werden. Die übrigen, rein kommunalen Stellen, tauchen in dieser Statistik gar nicht auf. Im Schatten dessen gibt es eine viel größere Baustelle: Im gesamten Bürgergeldsystem wurden 2024 über 101.000 Fälle von irgendeiner Art Leistungsmissbrauch registriert. Davon leitete man rund 43.700 an die Justiz weiter; der Rest wurde entweder direkt mit Bußgeldern oder Verwarnungen geahndet. Der Schaden – nach offiziellen Angaben immerhin 110 Millionen Euro im vergangenen Jahr – spiegelt das Maß an Missbrauch und Kontrollaufwand wider. Bleibt ein unterschwelliger Zweifel: Die Zahlen geben nur die Spitze des Eisbergs preis, und nachhaltige Lösungen? Die scheinen weiterhin Mangelware.

Nach aktuellen Daten aus den ersten drei Quartalen 2024 verzeichneten die Jobcenter 312 Fälle von mutmaßlich organisierten Betrügereien bei der Auszahlung des Bürgergeldes. Trotz der scheinbar niedrigen absoluten Zahl sind gerade organisierte Taten besonders brisant, da sie strukturelle Schwächen im System aufdecken könnten. Gleichzeitig sind die Zahlen vermutlich nicht abschließend, da Daten vieler kommunaler Jobcenter in die Statistik der Bundesagentur für Arbeit nicht einfließen – und nebenbei werden regelmäßig weit mehr Fälle normalen, individuellen Leistungsmissbrauchs festgestellt. Darüber hinaus berichten Fachleute von einer schwer zu schätzenden Dunkelziffer, was darauf hindeutet, dass die tatsächlichen Missbrauchsfälle deutlich höher liegen könnten. Die jüngsten Diskussionen um Missbrauch von Bürgergeldleistungen sorgen für politischen Streit über mögliche Reformen und schärfere Kontrollen. Erste Stimmen fordern, dass Jobcenter besser ausgestattet und digitale Kontrollen ausgebaut werden, um organisierte Kriminalität zu erschweren.

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