Es geht nicht mehr nur um Abwehr, meint Münkler, sondern um aktiveres Vorgehen: "Wir sollten nicht nur immer hinterherlaufen, sondern auch überlegen, ob wir mal vorangehen." Das sagte er in einem Gespräch mit dem "Tagesspiegel" (Montags-Ausgabe) und wählte bewusst eine Direktheit in seinen Worten, die eigentlich selten ist. Ein interessantes Bild: Deutschland als Schaf, das endlich aufhört, brav zu warten, sondern sich auch mal selbst verteidigt. Ein wenig überspitzt – und doch trifft es einen Nerv.
Münkler sieht die bisherigen gesetzlichen Zügel der Geheimdienste als Relikt: zu eng, zu utopisch gedacht. Für ihn ist eindeutig: Die Vorstellung eines komplett regelbasierten, friedlichen Miteinanders taugt in der raueren Weltlage immer weniger. "Das alles war mal nett gemeint, aber die politische Realität kennt wenig Ideale," meint er sinngemäß. Ohne Anpassung, so seine Warnung, motiviere Deutschland nur dazu, russische Einflussnahme weiter auszuprobieren.
Das Bemühen, „alles bis ins Kleinste juristisch abzusichern“, ist für Münkler ein Reflex aus ruhigeren Zeiten – fast schon weltfremder Liberalismus. Doch die Lage sei im Wandel: Von einem hochmoralischen Regelwerk zum Überlebenskampf im Dunstkreis geopolitischer Ränkespiele. Ob das jetzt ein Aufruf zur Beinfreiheit der Dienste ist oder zur generellen Entzauberung der politischen Grundüberzeugungen, bleibt Münkler offen. Aber der Ton hat sich verändert – und das ist kein Zufall.
Herfried Münkler fordert ein Umdenken beim Umgang mit Bedrohungen aus Russland und setzt dabei auf aktivere, flexiblere Geheimdienst-Arbeit. Seine Aussagen fallen auf fruchtbaren Boden angesichts einer Reihe von aktuellen Vorfällen, wie etwa Sabotageaktionen auf Infrastrukturen, Cyberangriffe und Desinformationskampagnen, die deutschen Behörden derzeit Kopfzerbrechen bereiten. Nach Recherchen in verschiedenen Leitmedien verschärft sich in der politischen Debatte die Forderung nach robusteren Sicherheitsmaßnahmen, wobei Experten warnen, dass übereilte Lockerungen gesetzlicher Grenzen das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Staat belasten könnten.
Aktuelle Analysen verdeutlichen außerdem, dass sich die Konflikte mit Russland nicht allein im Sichtbaren abspielen; gerade im Bereich Cyberkrieg und Fake-News-Kampagnen liegt eine große Herausforderung, welche die bisherigen Abwehrmechanismen Deutschlands oft aushebelt. Gleichzeitig zeigen Stimmen aus dem rechtswissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich, dass ein abgewogenes Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit für eine widerstandsfähige Demokratie unerlässlich bleibt. Die Diskussion bewegt sich somit zwischen geopolitischen Härten und dem Schutz rechtsstaatlicher Prinzipien – ein Balanceakt, mit wenig Aussicht auf eine schnelle oder einfache Lösung.