Es ist, ehrlich gesagt, wohl kaum mehr zu umgehen: Europa steht am Scheideweg. Allzu lange haben wir – so Norbert Röttgen – auf Washington geschielt und gehofft, dass die Amerikaner den Kurs vorgeben. Der CDU-Mann bringt es im Politico-Podcast ziemlich ungeschminkt auf den Punkt: Am 19. Dezember, wenn der Europäische Rat zusammentritt, liegt so etwas wie ein Lackmustest für die EU auf dem Tisch. Es geht um Kredite in schwindelerregender Höhe, ganze 140 Milliarden, abgesichert durch russische eingefrorene Vermögen – ein Schritt, der zwar wie ein technisches Detail klingt, aber eben auch ein klares Zeichen europäischer Selbstständigkeit wäre.
Röttgen lässt dabei keinen Zweifel: Die EU sollte sich nicht kampflos den amerikanischen Friedensplänen unterwerfen. 'Mit Europa ist das nicht zu machen', meint er, und verweist drauf, dass europäische Interessen hier riskieren, unter die Räder zu kommen. Noch schärfer wird er, wenn es um die amerikanische Kurskorrektur geht, die laut ihm einer Übernahme russischer Linien gleichkommt. Genau das müsse Europa jetzt klar, offen und ohne rhetorische Watte artikulieren – andernfalls, so die Warnung, droht nachhaltiger Vertrauensverlust.
Trotz aller Kritik an der US-Politik bleibt für Röttgen doch eines unverhandelbar: Nur ein geeinter Westen könne die Ukraine wirklich stützen. "Wir müssen die Amerikaner wieder auf Linie bringen", formuliert er fast schon trotzig. Vielleicht ist das am Ende genau diese Mischung aus Eigenständigkeit und Bündnistreue, um die sich Politik derzeit drehen muss.
Röttgen fordert eine konsequent eigenständige Ukraine-Strategie der EU, die sich nicht am aktuellen US-Kurs orientiert, besonders angesichts des geplanten Friedensplans, der auf für Europa inakzeptablen Kompromissen basiert. Zugleich verlangt er, dass der Europäische Rat im Dezember eine massive Finanzhilfe für die Ukraine mit den eingefrorenen russischen Vermögenswerten als Sicherheit auf den Weg bringt. Dass Washingtons Haltung schwankt, sieht er als Gefahr für das Vertrauen innerhalb des Westens – für ihn ist daher europäische Souveränität genauso entscheidend wie transatlantische Geschlossenheit.
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**Ergänzende Recherchedetails:**
In den letzten 48 Stunden berichten mehrere Medien, dass die EU-Mitglieder tatsächlich noch um den geplanten Milliarden-Kredit für Kiew ringen, wobei insbesondere Streit über die Sicherheiten und eine mögliche Umverteilung eingefrorener russischer Gelder herrscht. Daneben ist die Skepsis bezüglich eines US-getriebenen 'Friedensplans' groß, da dieser in Brüssel als zu nachgiebig gegenüber Russland kritisiert wird. Einige EU-Politiker und Beobachter sehen in einer eigenständigen europäischen Ukraine-Politik einen Test für die innere Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Staatengemeinschaft.