Nettoeinkommen in Ost- und Westdeutschland rücken näher zusammen – Unterschied bleibt aber deutlich

Das verfügbare Nettoeinkommen in Ost- und Westdeutschland unterscheidet sich weiterhin, auch wenn die Lücke kleiner wird.

heute 00:19 Uhr | 179 mal gelesen

Nach einer aktuellen Auswertung des Statistischen Bundesamtes auf Anfrage des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) zeigt sich, dass die Differenz beim durchschnittlichen verfügbaren Nettohaushaltseinkommen zwischen Ost- und Westdeutschland weiterhin besteht, sich aber in den letzten Jahren verringert hat. Für 2024 beträgt das Medianeinkommen im Osten 32.833 Euro und im Westen 38.127 Euro pro Jahr – ein Unterschied von 5.294 Euro beziehungsweise 13,9 Prozent. Verglichen mit 2023, als die Differenz noch bei 5.559 Euro oder 15,2 Prozent lag, ist der Abstand somit erneut leicht geschrumpft. In den Jahren zuvor war die Kluft noch größer. Laut BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht erfolgt diese Annäherung jedoch, weil die Einkommen im Westen weniger stark gestiegen seien. Sie kritisiert, dass die steigenden Kosten für Lebenshaltung und Energie die Einkommenszuwächse in beiden Teilen Deutschlands übersteigen und somit die Kaufkraft sinkt. Zudem sieht Wagenknecht durch geplante soziale Einschnitte der Bundesregierung weitere Gefahr für den Wohlstand.

Die jüngsten Zahlen von Destatis machen deutlich, dass sich das Nettoeinkommen zwischen Ost- und Westdeutschland über die letzten vier Jahre etwas angenähert hat, allerdings bleibt der Lohnabstand signifikant. Während 2021 die Einkommenslücke noch bei 17,2 Prozent lag, beträgt sie im Jahr 2024 nur noch 13,9 Prozent. Als Grund für diese Entwicklung sieht Sahra Wagenknecht nicht etwa einen boomenden Osten, sondern vor allem eine schwächere Entwicklung im Westen. Aus aktuellen Medienberichten ist ergänzend bekannt, dass sich die Einkommensschere hauptsächlich wegen der schwächeren Einkommenszuwächse im Westen schließt, die Inflation im vergangenen Jahr die realen verfügbaren Einkommen weiter verringert hat und strukturelle Unterschiede am Arbeitsmarkt sowie bei der Vermögensverteilung weiterhin bestehen bleiben. Außerdem betonen Expertinnen und Experten, dass Rentenangleichung, Zuwanderung und Investitionen in Infrastruktur sowie Bildung im Osten entscheidende Faktoren für die langfristige Angleichung bleiben – viele Herausforderungen wie niedrigere Vermögen und strukturelle Arbeitslosigkeit sind jedoch nach wie vor ungelöst.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Ein umfassender Artikel von der Süddeutschen Zeitung analysiert die Folgen der sinkenden Einkommensungleichheit zwischen Ost und West und stellt fest, dass sich insbesondere bei jungen Menschen die Unterschiede in Gehaltsentwicklungen, Erwerbsbiografien und Vermögensaufbau weiterhin deutlich zeigen. Gleichzeitig wird aufgezeigt, dass die Rentenangleichung zwar formal stattgefunden hat, Unterschiede beim Lohnniveau und den Lebenshaltungskosten aber auch in der nächsten Generation bestehen bleiben. Damit bleibe die gleiche Lebensqualität für viele Menschen aus Ostdeutschland weiterhin ein langfristiges Ziel (Quelle: Süddeutsche Zeitung).

Bei der ZEIT wird in einem aktuellen Beitrag betont, dass die Verringerung der jährlichen Einkommenslücke zwar politisch als Erfolg kommuniziert wird, sich die realen Lebensbedingungen für Ostdeutsche aufgrund höherer Preissteigerungen und niedrigerer Vermögen jedoch nicht in gleichem Maße verbessert haben. Die Autor*innen verweisen darauf, dass die Debatte über die Angleichung von Lebensverhältnissen in Gesamtdeutschland eine stärkere Berücksichtigung von Faktoren wie Eigentumsquote, Zugang zu Bildung und Zukunftsperspektiven braucht. Gleichzeitig werden politische Maßnahmen gefordert, die diese strukturellen Unterschiede nachhaltig adressieren (Quelle: Die Zeit).

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung analysiert in einem aktuellen Report, dass der Rückgang der Einkommensschere maßgeblich auf die Lohnentwicklung und eine schwächelnde Konjunktur im Westen zurückgeht, während punktuelle Erfolge bei der regionalen Wirtschaftsförderung in ostdeutschen Bundesländern wie Sachsen oder Thüringen sichtbar werden. Allerdings werden auch Risiken durch geplante Kürzungen bei Sozialleistungen sowie dem Mangel an Fachkräften genannt, was die künftige Entwicklung bremsen könnte. So bleibt laut FAZ die Verkleinerung der Lücke ein relativer Erfolg, der aber nicht über die anhaltenden Unterschiede im Wohlstand und bei den Lebensperspektiven hinwegtäuschen darf (Quelle: FAZ).

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