Nord Stream 2: Bundeswirtschaftsministerium erwägt theoretisch Wiederaufnahme des Zertifizierungsprozesses

Das Bundeswirtschaftsministerium schließt eine erneute Prüfung der Nord-Stream-2-Pipeline nicht gänzlich aus – trotz bislang bestehender Sanktionen und politischer Vorbehalte.

heute 09:17 Uhr | 64 mal gelesen

Irgendwie wirkt es wie eine Rückblende aus einer anderen Zeit: Nord Stream 2, einst Symbol hitziger Debatten zwischen Wirtschaft, Sicherheit und Politik, taucht wieder auf dem Radar des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) auf. In einem Schreiben an die Deutsche Umwelthilfe wird eingestanden, dass ein Neustart des ausgesetzten Zertifizierungsverfahrens zwar nicht auf der Tagesordnung steht, aber eben auch 'nicht ausgeschlossen' sei. Voraussetzung? Die Nord Stream 2 AG müsste sämtliche Gründe für das berüchtigte Aussetzen abstellen und die gesetzlichen Vorgaben exakt erfüllen. Schon merkwürdig, wenn man bedenkt, dass die Pipeline offiziell seit November 2021 auf Eis liegt, und der aktuelle juristische Rahmen einen heimischen Betreiber voraussetzt – eine Umgehung also der bisherigen internationalen Konstruktion. Bevor sich „die Röhre“ jedoch wieder mit Gas füllen könnte, müssten erst eine Vielzahl bürokratischer und sicherheitspolitischer Hürden genommen werden. Nach Ansicht des Ministeriums bleibt das Verfahren auf Pause, solange der Betreiber nicht eine deutsche Tochter gründet und ihr auch tatsächlich das hiesige Teilstück überschreibt. Eine amtliche Unbedenklichkeitserklärung stünde darüber hinaus ins Haus. Und über allem schwebt noch das Damoklesschwert der EU-Sanktionen: Mit dem aktuellen 18. Sanktionspaket ist Nord Stream 2 de facto jeder Betrieb untersagt – ein Transaktionsverbot, um auch langfristig keinen Gashahn mehr aufzudrehen. Bundeskanzler Friedrich Merz (kurios genug, mittlerweile CDU-Mann im Kanzleramt!) versprach erst jüngst dem ukrainischen Präsidenten, dass Deutschland auf keinen Fall wieder russisches Pipeline-Gas über Nord Stream 2 ins System einspeisen werde. Dennoch, die skurrile Fußnote bleibt: Eines der beiden Pipeline-Rohre hätte den Sabotageakt aus 2022 sogar überlebt; wenn man wollte, könnte es technisch tatsächlich jederzeit wieder Gas nach Deutschland befördern.

Das Bundeswirtschaftsministerium hält die Tür für eine Wiederaufnahme der Zertifizierung der Nord Stream 2-Pipeline einen Spalt offen, auch wenn die gesetzlichen und politischen Hürden aktuell hoch sind. Entscheidend wäre, dass die Nord Stream 2 AG sämtliche Auflagen des Energiewirtschaftsgesetzes erfüllt und ihren deutschen Betrieb nachweisen kann – was derzeit und wohl auch auf absehbare Zeit in weiter Ferne liegt, insbesondere vor dem Hintergrund der massiven EU-Sanktionen und dem politischen Willen, jegliche russische Gasabhängigkeit zu unterbinden. Aus Recherchen in aktuellen Medienberichten geht hervor, dass das Thema Nord Stream 2 politisch nach wie vor hochsensibel ist, wobei internationale Spannungen, Sicherheitsbedenken sowie die Energiekrise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine sämtliche Szenarien massiv erschweren und die Pipelineablehnung quer durch die deutsche Politiklandschaft nach wie vor fast Konsens ist. Laut taz bleibt die Pipeline Gegenstand von Diskussionen um Sabotage und Energieabhängigkeit, während sich die Süddeutsche Zeitung mit der mittelfristigen Energiestrategie Deutschlands und der dauerhaften Abkehr von russischem Gas befasst; im Spiegel diskutiert man zuletzt erneut Ermittlungen im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Röhren und deren Auswirkungen auf die europäische Energiesicherheit. Die aktuellen Recherchen zeigen außerdem (Stand Juni 2024): Die Bewerbungen und Spekulationen um eine Wiederaufnahme sind trotz aller technischer Optionen eher hypothetischer Natur. Vielmehr dominiert bei politischen Entscheidungsträgern und in der Öffentlichkeit nach wie vor Skepsis, teils sogar offene Ablehnung gegenüber jedem Gedanken an eine Wiederbelebung von Nord Stream 2. Trotz der Tatsache, dass ein technischer Betrieb noch nicht final ausgeschlossen ist, gilt eine Aktivierung als politisch und rechtlich nahezu ausgeschlossen.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Bei der taz steht im Fokus, wie die Diskussion rund um Nord Stream 2 von geopolitischen Spannungen, Ermittlungen wegen Sabotage und Debatten über Energieabhängigkeit geprägt ist; Expert*innen diskutieren weiterhin die Sabotageakte und ihre Auswirkungen auf Sicherheitslagen sowie die Verflechtung deutscher Energiepolitik mit internationalen Interessen (Quelle: https://taz.de).

Die Süddeutsche Zeitung beleuchtet in einem aktuellen Artikel die mittel- und langfristige Energiestrategie der Bundesregierung und legt dar, wie der Ausbau erneuerbarer Energien, die Möglichkeiten von Flüssiggas und die dauerhafte Abkehr von russischen Pipeline-Lieferungen zum Kern der Energiepolitik geworden sind; Nord Stream 2 wird lediglich als Problemfall der Vergangenheit mit geringer Aussicht auf Zukunft behandelt (Quelle: https://www.sueddeutsche.de).

Ein langer Bericht im Spiegel berichtet ausführlich über den Stand der Ermittlungen zu den Sprengstoffanschlägen auf Nord Stream 1 und 2, ordnet diese in das internationale Konfliktgeschehen ein und analysiert die europäische und deutsche Energieunsicherheit, die sich aus beschädigter Infrastruktur ergibt; die Rückkehr der Pipeline - so der Tenor - bleibt höchst unwahrscheinlich (Quelle: https://www.spiegel.de).

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