Nur ein Teil der neuen Staatsschulden geht in Investitionen, warnen Volkswirtschaftler

Fast die Hälfte der frischen Schulden Deutschlands wird nicht wie angekündigt in Zukunftsprojekte investiert – das zeigt eine aktuelle Umfrage unter Volkswirtschaftsprofessoren.

heute 09:19 Uhr | 100 mal gelesen

Mal ehrlich: Wer glaubt noch, dass alle zusätzlichen Milliarden sauber in Straßen, Energienetze oder Hightech fließen? Eine neue Befragung des Ifo-Instituts unter Deutschlands VWL-Professoren rückt diese Hoffnung gerade etwas zurecht. Trotz vollmundiger Versprechen werde höchstens etwa 47 Prozent des schuldenfinanzierten Sondervermögens 'Infrastruktur und Klimaneutralität' tatsächlich für neue Investitionen ausgegeben. Ein Viertel der Befragten rechnet sogar mit unter 20 Prozent. Erstaunlich, aber nicht ganz untypisch: Stattdessen kritisieren viele, dass geplante Ausgaben aus dem regulären Haushalt einfach ins Sondervermögen umgebucht würden, so der Ifo-Ökonom Niklas Potrafke. Übrigens, wenn es nach den Experten geht, sollte Deutschland vor allem in Verkehrswege und Energieversorgung investieren, aber auch Digitalisierung und Bildungswesen dringend stärken – sonst verpasst man leicht den Anschluss. Was die Schuldenbremse betrifft, ist das Urteil recht klar: Flexibel handhabbar, aber bitte nur für Investitionen, keine Konsumwünsche auf Kredit. Und: Die Mehrheit sieht unsere Zukunft in puncto EU-Fiskalregeln eher düster. Es steckt also mehr Skepsis im System als so manchem Politiker lieb sein dürfte. Apropos: An der Umfrage, organisiert zwischen 30. September und 7. Oktober 2025, haben 179 VWL-Professoren teilgenommen.

Die Stimmung unter Deutschlands Volkswirten kippt: Viel zu wenig der aufgenommenen Schulden landet dort, wo es wirklich langfristig etwas bringt. Gerade die Verlagerung bereits geplanter Projekte ins Sondervermögen kritisieren viele als Augenwischerei – eine 'Mogelpackung' wird es in mehreren Berichten genannt, zum Beispiel in der jüngsten Analyse der Süddeutschen Zeitung. Außerdem werden leise Zweifel laut, ob bei der ständigen Diskussion um die Schuldenbremse überhaupt politische Konsequenz zu erwarten ist. Nach Recherchen etwa des Spiegels verschärfen die wachsenden Zinslasten den Druck auf zukünftige Investitionsspielräume noch weiter. Und die Kritik am Schuldenmanagement wächst, nicht nur unter Wissenschaftlern, sondern zunehmend auch in der Wirtschaftspresse. Tatsächlich werden derzeit viele Ausgabenlabel von Infrastruktur bis Klimaneutralität oft eher als Verschiebebahnhof für alte Haushaltsposten genutzt – was zu wachsendem Vertrauensverlust gegenüber der Haushaltspolitik führt. Das dürfte in den kommenden Monaten für reichlich Diskussionsstoff sorgen, auch weil die EU fiskalpolitisch auf mehr Strenge pocht.

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Laut einem aktuellen Artikel der Zeit bleibt unklar, wie effektiv die neuen Investitionsgelder tatsächlich eingesetzt werden. Besonders in der Baubranche werden die steigenden Zinsen und Materialkosten als Hindernisse angesehen, sodass selbst eingeplante Mittel teils ungenutzt bleiben oder umgewidmet werden. Die politischen Auseinandersetzungen rund um die Schuldenbremse erschweren zudem langfristige Planungen und Verträge. (Quelle: Die Zeit)

Die Süddeutsche Zeitung erklärt in einem detaillierten Beitrag, dass viele dieser Investitionen ‚vernebelt‘ seien. Der Großteil des Sondervermögens werde zum Verschieben von Altlasten verwendet und investive Ausgaben lediglich umetikettiert. Zusätzlich drohe Deutschland, durch die unklare Haushaltspolitik an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Ein Bericht des Spiegel hebt hervor, wie die Schuldenbremse und ihre politische Auslegung zum Lackmustest für die Bundesregierung werden könnten. Die Debatte um nötige Investitionen versus Haushaltsdisziplin spitzt sich zu, gerade vor dem Hintergrund schwacher Konjunkturaussichten und wachsender internationaler Konkurrenz. Die Finanzierungsfrage für zentrale Zukunftsprojekte bleibt somit weiter ungelöst. (Quelle: Der Spiegel)

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